27.06.2019

Maßanzug für Nanodrähte

Bandlücke lässt sich über einen ungewöhnlich großen Bereich variieren.

Nanodrähte sind Alleskönner. Sie sind als kleinste Bausteine für minia­turisierte photonische und elektronische Bauteile der Nano­technologie einsetzbar. Dazu gehören optische Verschaltungen auf Chips, neuartige Sensoren, LEDs, Solar­zellen oder auch innovative Quanten­technologien. Freistehende Nanodrähte machen neuere Halbleiter­technologien erst kompatibel zu den herkömm­lichen Techno­logien auf Silizium-Basis. Weil die Kontaktfläche ;zum Silizium-Träger sehr klein ist, überwinden sie typische Schwierigkeiten beim Verbinden verschieden­artiger Materialien. Einem Forscherteam am Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf HZDR ist es nun gelungen, Nanodrähte zu fertigen, deren Arbeits-Wellen­länge sich einzig über die Struktur der Hülle über einen großen Bereich frei wählen lässt.

Abb.: Querschnitt durch einen Nanodraht mit Gallium­arsenid-Kern, einer Hülle...
Abb.: Querschnitt durch einen Nanodraht mit Gallium­arsenid-Kern, einer Hülle aus Indium-Aluminium­arsenid und Deck­schicht aus Indium­gallium­arsenid. (Bild: R. Hübner, HZDR)

Für ihre mehrjährige Studie züchteten die Forscher in Dresden zunächst Nanodrähte aus dem Halbleiter-Material Gallium­arsenid auf Silizium-Trägern. Im nächsten Schritt umhüllten sie die hauch­dünnen Drähte mit einer weiteren Materialschicht, der sie zusätzlich Indium beimischten. Ihr Ziel: Durch die ungleiche Kristall­struktur der Materialien wollten sie im Drahtkern eine mechanische Verspannung provozieren, welche die elektronischen Eigenschaften von Gallium­arsenid verändert. So verkleinert sich die Bandlücke des Halbleiters und die Elektronen werden beweglicher. Um diesen Effekt zu verstärken, gaben die Forscher immer mehr Indium in die Hülle oder erhöhten deren Dicke. Das Ergebnis übertraf ihre Erwartungen bei Weitem.

„Wir haben einen bekannten Effekt bis ins Extrem getrieben“, betont Emmanouil Dimakis, Leiter der Studie, zu der Forscher des HZDR, der Technischen Universität Dresden und des DESY in Hamburg beigetragen haben. „Die erreichten sieben Prozent Verspannung sind ein riesiger Wert.“ ;Bei dieser Verspannung hätte Dimakis erwartet, Störungen in den Halbleitern zu sehen: Erfahrungs­gemäß verbiegt sich der Drahtkern oder es entstehen Defekte. Dass es nicht dazu kam, begründen die Forscher mit den besonderen Bedingungen ihrer Experimente.

Erstens züchteten sie besonders dünne Gallium­arsenid-Drähte. Zweitens gelang es dem Team, die Drahthüllen bei ungewöhnlich niedrigen Temperaturen herzu­stellen. Dies friert die Ober­flächen-Diffusion der Atome quasi ein und erzwingt das gleichmäßige Wachstum der Hülle um den Kern. Seine Entdeckung bekräftigte das Forscherteam durch mehrere unab­hängige Messreihen an Anlagen in Dresden sowie an den brillanten Röntgenlicht­quellen PETRA III in Hamburg und Diamond in England. Die außer­gewöhnlichen Ergebnisse motivierten die Forscher zu weiteren Untersuchungen: „Unser Fokus verlagerte sich auf die Frage, was die extrem hohe Verspannung im Kern des Nanodrahts auslöst und wie dies für Anwendungen genutzt werden könnte“, erinnert sich Dimakis. „Gallium­arsenid ist als Material seit Jahren bekannt, aber Nanodrähte sind speziell. Auf der Nano-Skala kann ein Material völlig neue Eigenschaften zeigen.“

Die Forscher erkannten, dass sie durch die hohe Verspannung die Bandlücke des Halbleiters Gallium­arsenid bis hin zu so niedrigen Energien verschieben konnten, dass sie sogar für Wellen­längen der Glasfaser­netze kompatibel wird. Dieser Spektral­bereich ließ sich bislang nur über besondere, Indium-haltige Legierungen realisieren, die durch ihre Material­mischung aber verschiedene techno­logische Probleme mitbringen.

HZDR / JOL

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