12.09.2008

Maßgeschneiderte Photonen

Die gewünschte elektro-optische Modulation eines Photons wird durch ein mit ihm verschränktes Photon ausgelöst.

Die gewünschte elektro-optische Modulation eines Photons wird durch ein mit ihm verschränktes Photon ausgelöst.

Die Modulation oder Formung eines Lichtpulses ist ein alltägliches Geschäft. So kann man die Phase, Frequenz oder Amplitude eines Pulses verändern oder aus einem Puls zwei aufeinanderfolgende Teilpulse machen. Spannend wird es, wenn der Lichtpuls nur ein Photon enthält. Einzelphotonenpulse, die aus zwei deutlich getrennten Teilpulsen bestanden, hatten Herbert Walther und seine Mitarbeiter schon 2004 hergestellt, indem sie einzelne Ionen mit geeignet modulierten Laserpulsen zum Leuchten brachten. Jetzt haben Forscher an der Stanford University einen anderen Weg gefunden, einzelne Photonen zu formen – und zwar mithilfe verschränkter Photonenpaare.

Wenn man die Wellenfunktion eines einzelnen Photons nicht schon bei seiner Entstehung sondern erst nachträglich modulieren will, steht man vor großen Problemen. So weiß man normalerweise nicht, wann das Photon durch den Modulator fliegt, wann also der richtige Zeitpunkt für den Beginn der Formung ist. Schaut man nach, ob ein Photon kommt, so zerstört man es. Die exakte Ankunftszeit des nachfolgenden Photons bleibt unbekannt. Pavel Kolchin und seine Kollegen lösten dieses Problem, indem sie Paare von verschränkten Photonen erzeugten und jeweils mit einem Photon den elektro-optischen Modulator auslösten, der daraufhin die Wellenfunktion des anderen Photons formte.

Doch hier stellte sich das nächste Problem. Die Wellenfunktion eines verschränkten Photonenpaares ist üblicherweise nur Bruchteile einer Picosekunde lang, sodass nach dem Registrieren des einen Photons nicht genügend Zeit bleibt, die Modulation des anderen Photons auszulösen. Um die nötige Zeit zu gewinnen, erzeugten die Forscher verschränkte Photonenpaare, deren Wellenfunktion viel länger war, nämlich einige hundert Nanosekunden.

Dazu bestrahlten sie eine Wolke aus Rubidiumatomen, die in einer magneto-optischen Falle festgehalten wurde, mit zwei Laserstrahlen unterschiedlicher Frequenz. Zunächst regte der kurzwellige Pumplaser ein Atom an. Unter Abstrahlung eines langwelligen Stokes-Photons ging das Atom in einen angeregten Zwischenzustand, den der langwelligen Laser mit einem höher angeregten Zustand koppelte. Von dort konnte das Atom in seinen Grundzustand zurückkehren, wobei es ein kurzwelliges Anti-Stokes-Photon emittierte. Während das langwellige Stokes-Photon die Atomwolke nahezu mit Lichtgeschwindigkeit verließ und über eine Glasfaser zu einem Photodetektor gelangte, bewegte sich das kurzwellige Anti-Stokes-Photon nur mit etwa 20.000 m/s durch die Wolke. Dadurch wurde die Wellenfunktion des Photonenpaares stark auseinander gezogen.

Nachdem auch das Anti-Stokes-Photon die Atomwolke verlassen hatte, passierte es einen elektro-optischen Modulator, der durch die vorherige Ankunft des Stokes-Photons am Photodetektor rechtzeitig „gewarnt“ war. So konnte der Modulator das passierende Anti-Stokes-Photon in der gewünschten Weise formen. Anschließend wurde dieses Photon ebenfalls von einem Photodetektor registriert. Dass die Wellenfunktion des Photons in der gewünschten Weise moduliert worden war, überprüften die Forscher, indem sie ihr Experiment sehr oft wiederholten und die Ankunftszeiten der modulierten Photonen registrierten. Die Häufigkeitsverteilung der Photonen über die Zeit gab dann ein Abbild der modulierten Wellenfunktion der einzelnen Photonen.

Auf diese Weise konnten die Forscher zeigen, dass die von ihnen modulierten Wellenfunktionen die gewünschte Form einer Gauß-Funktion, eines exponentiell ansteigenden und plötzlich abfallenden Profils oder einer Folge von zwei Rechteckpulsen hatten. Mit ihrem Verfahren können sie außer der Amplitude auch die Phase der Wellenfunktion modulieren. Damit lässt sich untersuchen, wie ein Atom auf einen maßgeschneiderten Einzelphotonenpuls reagiert.

Rainer Scharf

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