Mehr als der erste Blick verrät
Neuer Katalog von Röntgenquellen aus überlagerten Beobachtungen veröffentlicht.
Den ersten Katalog von Röntgenquellen in mehrfach beobachteten Himmelsregionen hat jetzt ein internationales Astronomenteam veröffentlicht. Er enthält knapp 72.000 zum Teil exotische Objekte, die mit dem Weltraumteleskop XMM-Newton aufgenommen wurden. Das Nachschlagewerk informiert über physikalische Eigenschaften von Objekten und ermöglicht, Helligkeitsänderungen über Zeiträume von mehreren Jahren festzustellen – und enthält zudem einige tausend Neuentdeckungen.
Abb.: Neunzehn übereinandergelegte XMM-Newton-
Seit seinem Start vor über 18 Jahren hat der europäische Röntgensatellit XMM-Newton viele Himmelsbereiche wiederholt beobachtet. In der Arbeitsgruppe Röntgenastrophysik des AIP wurde eine neue Software entwickelt, um diese Überschneidung gezielt auszuwerten – und so der neue Katalog erstellt. Indem man alle Beobachtungen zusammenfügt und gemeinsam auswertet, erreicht man eine höhere Genauigkeit und findet leuchtschwache Objekte, die in den einzelnen Beobachtungen nicht zu identifizieren sind.
Der neue Katalog, der sich aus insgesamt 1789 Beobachtungen speist, umfasst 71.951 Röntgenquellen und beinhaltet vielfältige Informationen über deren physikalischen Eigenschaften. Mehrere Tausend davon sind neue Entdeckungen, viele so leuchtschwach, dass sie nur schwer aufzuspüren sind. Außerdem lassen sich mit den Angaben im Katalog Helligkeitsänderungen von Röntgenobjekten über Zeiträume von bis zu 14,5 Jahren verfolgen. „Veränderungen der Röntgenhelligkeit sind ein entscheidendes Merkmal zum Aufspüren besonders exotischer Objekte am Himmel“, sagt Projektleiter Axel Schwope. „Um die Natur dieser neu entdeckten Exoten zu entschlüsseln, setzen wir unter anderem das Large Binocular Telescope in Arizona ein.“ Wissenschaftler aus aller Welt nutzen die XMM-Newton-
Beobachtungen mit Röntgenteleskopen erschließen Teile des Universums, die dem menschlichen Auge ansonsten verborgen blieben. Die Technologie kommt erst seit etwa fünfzig Jahren zum Einsatz. Röntgenstrahlung entsteht in besonders energiereichen Prozessen, beispielsweise bei Temperaturen von Hunderten Millionen Grad. Diese extremen Abläufe untersuchen Astronomen unter anderem mithilfe des Weltraumteleskops XMM-Newton der ESA. Eine einzelne Beobachtung mit XMM-Newton deckt einen Himmelsbereich von der Fläche des Vollmonds ab. Rund fünfzig bis einhundert Objekte, die Röntgenstrahlung abgeben, finden sich darin, beispielsweise besonders heiße oder extrem kompakte ausgebrannte Sterne, massereiche schwarze Löcher in entfernten Milchstraßen sowie ganze Galaxienhaufen, deren Licht Jahrmilliarden unterwegs war.
AIP / RK