05.12.2023

Mehr grüner Wasserstoff mit Sonnenlicht

Spezielle Nanokristalle ermöglichen effiziente Produktion von solarem Wasserstoff.

Wenn Emiliano Cortés von der LMU München auf die Jagd nach Sonnenlicht geht, nutzt er keine gigantischen Spiegel oder weitläufige Solarparks. „Wo Photonen auf atomare Strukturen treffen, beginnt unsere Forschung“, sagt er. „Wir arbeiten an Materiallösungen, mit denen sich Solarenergie effizienter einfangen und nutzen lässt.“ Seine Erkenntnisse haben großes Potenzial: Neuartige Solarzellen und Photo­katalysatoren werden damit möglich. In letztere setzt auch die Industrie große Hoffnungen, denn sie können Lichtenergie – ohne Umwege über die Strom­erzeugung – für chemische Reaktionen zugänglich machen. Doch es gibt eine große Heraus­forderung, die die Nutzung von Sonnenlicht mit sich bringt und mit denen auch Solarzellen zu kämpfen haben, weiß Cortés: „Das Sonnenlicht kommt auf der Erde verdünnt an, also die Energie pro Fläche ist vergleichs­weise gering.“ Solar­anlagen kompensieren das, indem sie sich über große Flächen erstrecken.

Abb.: Emiliano Cortés arbeitet an Materiallösungen, mit denen sich...
Abb.: Emiliano Cortés arbeitet an Materiallösungen, mit denen sich Solarenergie effizienter einfangen und nutzen lässt.
Quelle: Nano Energy Group

Cortés entwickelt mit seinem Team am Nano-Institut der LMU plasmonische Nano­strukturen, mit deren Hilfe sich die Sonnenenergie konzentrieren lässt. Nun präsentiert er gemeinsam mit Matías Herrán vom Fritz-Haber-Institut in Berlin und Kooperations­partnern der Freien Universität Berlin und der Universität Hamburg einen zwei­dimensionalen Superkristall, der aus Ameisensäure mithilfe von Sonnenlicht Wasserstoff erzeugt. „Das Material ist sogar so herausragend, dass es den Weltrekord hält, was die Wasserstoff­produktion mithilfe von Sonnenlicht anbelangt“, betont Cortés. 

Für ihren Superkristall nutzen Cortés und Herran zwei verschiedene Metalle im Nanoformat. „Wir stellen zunächst aus einem plasmonischen Metall – in unserem Fall ist das Gold –Partikel im Bereich von zehn bis zweihundert Nanometern her“, erklärt Herrán. „In dieser Größenordnung kommt es bei plasmonischen Metallen, zu denen auch Silber, Kupfer, Aluminium und Magnesium zählen, zu einem besonderen Phänomen: Das sichtbare Licht wechselwirkt sehr stark mit den Elektronen des Metalls und veranlassen diese zu einer resonanten Schwingung.“ Die Elektronen bewegen sich im Kollektiv sehr schnell von einer zur anderen Seite im Nanopartikel. Dadurch entsteht eine Art Mini-Magnet. „Für das einfallende Licht ist das eine starke Veränderung, sodass es in der Folge viel stärker mit dem metallischen Nanopartikel interagiert“, erklärt Cortés. „Analog kann man sich diesen Prozess wie eine Art Superlinse vorstellen, die die Energie konzentriert. Unsere Nano­materialien tun das, allerdings auf molekularer Ebene.“ Dadurch fangen die Nanopartikel mehr Sonnenlicht ein und wandeln es in sehr energie­reiche Elektronen um. Diese sind wiederum hilfreich, um chemische Reaktionen voranzutreiben.

Doch wie lässt sich diese Energie nutzen? Dazu kooperierten LMU-Wissenschaftler mit einer Forschungs­gruppe der Universität Hamburg. Diese arrangierten die Goldteilchen nach dem Prinzip der Selbst­organisation geordnet auf einer Oberfläche. Um eine maximale Wechsel­wirkung zwischen Licht und Materie zu erreichen, müssen die Goldpartikel nah beieinander sein, dürfen sich aber nicht berühren. In Zusammenarbeit mit einem Forschungsteam der Freien Universität Berlin, das die optischen Eigenschaften des Materials untersuchte, stellten die Forscher fest: Die Lichtabsorption erhöht sich um ein Vielfaches. 

„Die Gold-Nanopartikel-Anordnung bündelt das einfallende Licht äußerst effizient und erzeugt starke lokale elektrische Felder, die Hotspots“, sagt Herrán. Diese bilden sich zwischen den Goldpartikeln aus. Das brachte Cortés und Herran auf die Idee, Nanopartikel aus Platin, einem klassischen und leistungs­fähigen Katalysator­material, genau in die Zwischenräume zu platzieren. Diesen Part übernahm wieder das Forscherteam aus Hamburg. „Platin ist zwar nicht das Material der Wahl für die Photokatalyse, weil es das Sonnenlicht schlecht absorbiert. In den Hotspots jedoch können wir es dazu zwingen, die ansonsten schlechte Absorption zu verstärken und chemische Reaktionen mit Lichtenergie anzutreiben. In unserem Fall ist das die Umsetzung von Ameisensäure zu Wasserstoff“, erklärt Herrán. Mit einer Wasserstoff­produktionsrate – ausgehend von Ameisensäure – von 139 Millimol pro Stunde und pro Gramm Katalysator hält das photo­katalytische Material derzeit den Weltrekord in Sachen Wasserstoff­produktion mit Sonnenlicht.

Heutzutage wird Wasserstoff in erster Linie aus fossilen Rohstoffen, allen voran Erdgas, hergestellt. Um auf eine nachhaltigere Produktion umzustellen, arbeiten Forscherteams weltweit an Technologien, die alternative Ausgangs­substanzen nutzen – dazu zählen neben Ameisensäure auch Ammoniak oder Wasser. Im Fokus steht zudem die Entwicklung photokatalytischer Reaktoren, die sich für eine großtechnische Produktion eignen. „Clevere Material­lösungen wie unsere sind ein wichtiger Baustein für den Erfolg der Techno­logie“, sagen die beiden Forscher. „Durch die Kombination aus plasmonischen und katalytischen Metallen bringen wir die Entwicklung potenter Photokatalysatoren für die Industrie voran. Es ist ein neuer Weg, um Sonnenlicht zu nutzen, und ein Weg, der Potenzial für weitere Reaktionen bietet wie zum Beispiel die Umwandlung von CO2 in nutzbare Substanzen“, erklären Cortés und Herrán, die ihre Material­entwicklung bereits patentiert haben.

LMU / JOL

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