Mehr Quanteneffizienz für höchste Brillanz
Neuartige Photokathode für Elektronenbeschleuniger.
Jana Schaber vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) hat eine neuartige Photokathode untersucht, mit der die Hochleistungs-Strahlenquelle „Elbe“ in Zukunft noch leistungsfähiger, energieeffizienter und nachhaltiger betrieben werden könnte. Sie hat herausgefunden, dass sich die Bauelemente im Labor einfach herstellen lassen, dass aber typische Verunreinigungen im Material die Qualität der Photokathode noch herabsetzen. Da sie den dahinterstehenden Prozess ebenfalls entschlüsselt hat, ist nun der Weg für weitere Verbesserungen frei, sodass in Zukunft vielleicht alle Teilchenbeschleuniger von den Vorteilen profitieren könnten.
Die Photokathode ist das Herzstück des Elbe-Beschleunigers. Um einen Elektronenstrahl an der Anlage zu produzieren, schießt ein Laser ultraviolettes Licht auf ein kaum daumennagelgroßes Bauteil. Die Energie entreißt den Atomen einige ihrer Elektronen, die dank einer hauchdünnen Schicht aus Cäsium der Kathode entkommen und Teil des Elektronenstrahls werden. Der Elektronenstrahl vom Beschleuniger erzeugt wiederum Strahlung im Infrarot-, im Gamma- oder im Terahertz-Bereich. Damit lassen sich nicht nur biologische und medizinische Fragestellungen untersuchen, sondern auch die Physik, die Materialforschung oder die Datenübertragungstechnik voranbringen.
Bisher bestehen Photokathoden meist aus einem Kupfersubstrat, auf dem die Forschenden in einem arbeitsintensiven Prozess eine Schicht aus Cäsiumkristallen züchten. „Ich bin einen anderen Weg gegangen und habe einen handelsüblichen Galliumnitrid-Wafer mit einer ultradünnen Schicht aus Cäsium überzogen“, sagt Jana Schaber, die die Photokathode in ihrer Dissertation untersucht hat. „Solche Wafer sind Standard in der Mikroelektronik. Sie werden im Industriemaßstab gefertigt und auf Wunsch in der passenden Größe geliefert.“ Das bringt einerseits wirtschaftliche Vorteile. Doch die neue Materialkombination kann noch mehr.
„Unsere bisherigen Photokathoden haben eine Quanteneffizienz von etwa fünf Prozent“, erklärt die Chemikerin. Das bedeutet, von hundert Lichtteilchen aus dem Laser schaffen es am Ende nur fünf, ein Elektron aus dem Material zu schlagen. „Mit der neuartigen Photokathode aus Galliumnitrid liegen wir hingegen bei rund zehn Prozent. Wir sind also etwa doppelt so effizient.“ Auch in puncto Nachhaltigkeit zeigt ihr Ansatz in die richtige Richtung. Denn Photokathoden sind Verbrauchsmaterialien. Je länger sie benutzt werden, umso weniger Elektronen kann man ihnen entlocken. Irgendwann sind sie erschöpft und müssen ausgetauscht werden. Bisher werden sie entsorgt. „Wenn hingegen die Kathode aus Galliumnitrid stirbt, können wir sie einfach wieder aufarbeiten“, betont Jana Schaber. „Dazu reinigen wir sie thermisch und scheiden anschließend einfach eine neue Schicht Cäsium drauf ab. Schon erreichen sie wieder hohe Quanteneffizienzen.“
Das innovative Material könnte außerdem noch ein weiteres Problem lösen, wie die Chemikerin feststellt: „Viele Forscherinnen und Forscher, die zu uns kommen und an Elbe experimentieren, wünschen sich eine höhere Brillanz. Also mehr Elektronen pro Puls. Das könnten wir mit den Galliumnitrid-Photokathoden erreichen. Die einfache Herstellung und die Wiederverwendbarkeit machen sie dann sogar noch nachhaltiger.“ Noch bedarf es allerdings einiger Anstrengungen, bis die neuartige Photokathode zum Standard am Beschleuniger werden kann. Denn bei ihren Untersuchungen ist Jana Schaber auf einen limitierenden Faktor gestoßen. „Das industrielle Galliumnitrid ist fast immer minimal mit Kohlenstoff verunreinigt. Im Betrieb geht dieser mit der Zeit eine Verbindung mit dem Cäsium ein. Das zerstört die Schicht und damit die Kathode.“
Jetzt ist sie auf der Suche nach Unternehmen, die alternative Herstellungsmethoden für ihr Ausgangsmaterial anwenden. Denn sie ist überzeugt, dass sich mit Wafern ohne Kohlenstoff-Verunreinigungen die Quanteneffizienz noch weiter steigern und auch die Lebensdauer der Photokathode erhöhen lässt. Grundsätzlich könnten sogar alle Teilchenbeschleuniger von der Rossendorfer Entdeckung profitieren – unabhängig davon, um welchen Beschleunigertyp es sich handelt. „Außerdem arbeiten wir daran, das neue Material für supraleitende Elektronenquellen nutzbar zu machen.“
HZDR / JOL