Mehr Supernova-Staub im Sonnensystem
Ionensonden-Untersuchungen und verbesserte Sternmodelle liefern neue Erkenntnisse über Sternenstaub.
Bis vor Kurzem gingen Wissenschaftler davon aus, dass Supernovae und ihre Vorläufer, die Überriesen-Sterne, nur wenig zum Sternenstaubgehalt unseres Sonnensystems beigetragen haben. Neuere Untersuchungen deuten aber darauf hin, dass ein erheblicher Teil des Sternenstaubs im Sonnensystem aus Supernova-Explosionen und deren Vorläufersternen stammt. Damit lassen sich Zusammensetzung und Ursprung der Bausteine unseres Sonnensystems besser verstehen. Die vorherigen Annahmen zum Ursprung des Staubs waren noch sehr unsicher.
Die Elemente von Kohlenstoff bis Uran entstehen ausschließlich in Sternen in der stellaren Nukleosynthese. Am Lebensende eines Sterns werden sie als Wind oder in einer gewaltigen Explosion an das interstellare Medium abgegeben. Ein großer Teil der nicht flüchtigen Elemente kondensiert dabei zu Sternenstaub, der aber im interstellaren Medium später zum Teil wieder zerstört wird. Der überdauernde Teil der Körnchen wurde vor etwa 4,6 Milliarden Jahren auch in die planetaren Körper unseres Sonnensystems eingebaut. Da diese Körner bereits vor der Bildung unseres Sonnensystems existierten, werden sie „präsolare Körner“ genannt. Sie weisen für unser Sonnensystem anomale Isotopenmuster auf.
Aufgrund dieser charakteristischen Isotopenhäufigkeitsanomalien können sie in Meteoriten und Kometenmaterial aufgespürt werden. Präsolare Körner bieten die einzigartige Möglichkeit, die Prozesse der stellaren Nukleosynthese sehr detailliert im Labor zu studieren und die Sterntypen zu identifizieren, die Staub zum Sonnensystem beigetragen haben. Dies liefert einen wichtigen Beitrag zum besseren Verständnis des Ursprungs der chemischen Elemente und der Entstehung unseres Sonnensystems.
Möglich wurden die neuen Erkenntnisse mithilfe verbesserter Analysemethoden mit der NanoSIMS-Ionensonde an Sternenstaub sowie neuer Modellrechnungen. Mithilfe der NanoSIMS-Ionensonde wird im Submikrometerbereich die Verteilung der Häufigkeit bestimmter Isotope gemessen. Dazu wird die Probe mit einem fokussierten Ionenstrahl abgerastert und die dabei aus der Probe herausgeschlagenen Teilchen massenspektrometrisch analysiert.
„Das Wissen, dass ein weitaus größerer Teil des Sternenstaubs aus Supernova-Explosionen stammt, liefert der Forschung wichtige neue Parameter für Computermodelle über die Entwicklung des Staubs im interstellaren Medium“, erläutert Peter Hoppe vom MPI für Chemie. „Das gilt insbesondere, wenn man das Überleben von frisch produziertem Supernova-Staub und altem, interstellaren Staub beim Durchgang von Supernova-Stoßwellen beschreibt.“
Letzteres sei von Interesse, da der Staub eine wichtige Rolle als Katalysator für chemische Reaktionen in interstellaren Molekülwolken spiele und als Baustein für die Entstehung neuer Planeten in protoplanetaren Scheiben in jungen Sternsystemen gelte. Die Prozesse, die zur Vermischung von Sternenstaub im lokalen interstellaren Medium über ausgedehnte räumliche und zeitliche Skalen geführt haben, seien noch nicht ausreichend erforscht und sollten in zukünftigen Entwicklungsmodellen genauer untersucht werden, fasst der Astrophysiker zusammen.
MPIC / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
P. Hoppe et al.: Dust from Supernovae and their Progenitors in the Solar Nebula, Nat. Astron., online 1. August 2022; DOI: 10.1038/s41550-022-01737-5 - Nano- und Mikropartikelforschung (P. Hoppe), Abt. Partikelchemie, Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz