Mehrheit der Unis mit Studien-Reform zufrieden
58 Prozent der europäischen Hochschulen sehen den eingeschlagen Weg als "sehr positiv" an. Viele räumen aber ein, dass die Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse auch «gemischte Ergebnisse» hervorgebracht habe.
58 Prozent der europäischen Hochschulen sehen den eingeschlagen Weg als "sehr positiv" an.
Viele räumen aber ein, dass die Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse auch «gemischte Ergebnisse» hervorgebracht habe.
Zehn Jahre nach dem Start der Bologna-Studienreform sehen 58 Prozent der europäischen Hochschulen den eingeschlagen Weg als «sehr positiv» an. 38 Prozent räumen aber ein, dass die Einführung der Bachelor- und Masterabschlüsse auch «gemischte Ergebnisse» hervorgebracht habe. So müssten in vielen Staaten Europas und der angrenzenden Regionen die Studiengänge noch entschlackt und die Mobilität der Studierenden verbessert werden, heißt es in einer Studie der Europäischen Rektorenkonferenz (EUA). Nur 0,1 Prozent der Hochschulen beurteilt nach der Befragung die Reform insgesamt als «negativ».
Die Wissenschaftsminister von 46 Staaten wollen eine Bilanz der 1999 auf einer Konferenz in der italienischen Hochschulstadt Bologna eingeleiteten Reform zur Schaffung eines europäischen Hochschulraumes ziehen. Als 47. Mitglied der Unterzeichner-Staaten der Bologna-Erklärung soll Kasachstan aufgenommen werden.
Studentengruppen kündigten Proteste in Wien sowie einen «Bologna- Gegengipfel» am Freitag an. «Der Bologna-Prozess wurde missinterpretiert, missbraucht und verdreht, um kurzfristige Ziele europäischer Regierungen durchzusetzen», heißt es in einer Erklärung der Europäischen Studenten Union. Die ursprünglichen Ziele des Bologna-Prozesses, nämlich bessere soziale Bedingungen, einfachere Anerkennung von Abschlüssen sowie mehr Chancen auf ein Auslandsstudium seien häufig nicht zu identifizieren.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) forderte Bund, Länder und Hochschulen auf, den nach den Studentenprotesten in Deutschland in Aussicht gestellten Kurswechsel zu verwirklichen. Die Arbeits- und Prüfungsbelastung in den neuen Studiengängen müsse deutlich reduziert und eine bessere Durchlässigkeit beim Übergang vom Bachelor in den Master sichergestellt werden, forderte GEW- Vorstandsmitglied Andreas Keller.
In dem Entwurf der für den Wiener Kongress vorgesehenen Abschlusserklärung heißt es, die europaweiten Studentenproteste des vergangenen Jahres hätten die Politik daran erinnert, dass einige Ziele noch nicht vollständig umgesetzt oder erklärt worden seien. Man wolle künftig bei der Studienreform stärker auch auf kritische Stimmen der Studierenden und des Lehrpersonals hören. Die Regierungen wollten ihre Anstrengungen verstärken, damit Studierende wie Lehrende mobiler in Europa würden. Auch müsse die Lehre verbessert und die Qualität des Studiums insgesamt verbessert werden.
Hintergrund Wissen "Bologna-Prozess":
Die Bildungsminister von 29 Staaten haben 1999 im italienischen Bologna einen europäischen Hochschulraum vereinbart. Grundlage dafür ist eine einheitliche Studienstruktur mit den aufeinander aufbauenden Abschlüssen Bachelor, Master und Promotion. Die Studieninhalte werden in Module aufgeteilt und Leistungen nach einem einheitlichen Punktesystem bewertet - dem European Credit Transfer and Accumulation System (ECTS). Dies soll Hochschulwechsel und Auslandsaufenthalte erleichtern.
Derzeit haben 46 Staaten die Bologna-Erklärung unterzeichnet, mindestens 20 weitere haben Interesse bekundet. Alle zwei Jahre treffen sich die Minister zu Folgekonferenzen, um die erzielten Fortschritte zu besprechen und Ziele für die nächste Etappe zu vereinbart. Dieses Jahr findet das zweitägige Treffen in Wien und Budapest statt. Kasachstan soll als 47. Mitglied aufgenommen werden.
In Deutschland sind im Wintersemester 2009/2010 nach Übersicht der Hochschulrektorenkonferenz 79 Prozent der bundesweit 13 131 Studiengänge auf die Bachelor-/Master-Struktur umgestellt. Jura und die medizinischen Studiengänge sind bislang ausgenommen. Nach einer Übersicht des Statistischen Bundesamtes strebten im Studienjahr 2008 rund 74 Prozent der Erstsemester einen Bachelor-Abschluss an. Sehr weit vorangeschritten ist die Umstellung in Hamburg und Sachsen- Anhalt, wo sich 95 Prozent der angehenden Akademiker zu einem Bachelor-Studium einschrieben. Hohe Einschreibquoten hatten auch Bremen mit 94 Prozent sowie Thüringen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen mit je 93 Prozent.
Seit einigen Jahren häuft sich der Unmut bei Studierenden wie bei Lehrenden, was sich auch in den Protesten im vergangenem Jahr entlud. Die Studenten kritisieren Stofffülle und Prüfungsdichte sowie eine Verschulung des Studiums in den meist sechssemestrigen Bachelor- Studiengängen. Kultusminister und Hochschulrektoren haben jetzt deutliche Korrekturen zugesagt.
dpa/GF