29.08.2014

Mehrspurig zur Spintronik

Spin-Ladungs-Wandler auf Basis von Gallium-Arsenid nutzt einstellbare Spin-Bahn-Kopplung.

Spin-Ladungs-Wandler sind wichtige Bauelemente für die Spintronik, eine Elektronik, die nicht nur die Ladung sondern auch den Spin und die damit verknüpften magnetischen Eigenschaften der Elektronen zur Übertragung und Speicherung von Informationen nutzt. Spin-Ladungs-Wandler können elektrische in magnetische Signale umwandeln und umgekehrt. Jetzt ist es der Gruppe von Jairo Sinova vom Institut für Physik der Johannes Gutenberg Universität Mainz zusammen mit Forschern aus Großbritannien, Prag und Japan erstmals gelungen, einen neuen, sehr effizienten Spin-Ladungs-Wandler auf Basis des weit verbreiteten Halbleitermaterials Gallium-Arsenid zu realisieren. Vergleichbar hohe Effizienzen waren bislang nur in dem Schwermetall Platin beobachtet worden. Zugleich konnten die Forscher erstmals zeigen, dass die Effizienz bei der Herstellung oder Registrierung von Spin-Strömen in einem gewissen Bereich nach Bedarf elektrisch regelbar ist, eine wichtige Eigenschaft für den praktischen Einsatz. Der zugrundeliegende Mechanismus, den die theoretischen Arbeiten von Sinovas Gruppe aufgedeckt haben, eröffnet darüber hinaus ganz neue Wege bei der Suche nach weiteren für die Spintronik geeigneten Materialien.

Abb.: Schema und Bandstrukturen des optisch induzierten Spin-Hall-Effekts (Bild: N. Okamoto et al.)

Um den Elektronenspin entsprechend nutzen zu können, muss er gezielt manipuliert, das heißt ausgerichtet, transportiert und registriert werden können. Dass hierfür nicht nur Magnetfelder sondern auch elektrische Felder geeignet sind, zeigt die neue Studie. Damit lassen sich die sehr einfachen und präzisen Steuerungsmöglichkeiten, die in der Halbleiterelektronik für Ladung und Ladungsfluss existieren, in den Bereich der Spintronik übertragen und so die Welt der Halbleiter mit der Welt des Magnetismus verknüpfen.

Hierbei sind Spin-Ladungs-Wandler essentiell. Sie ermöglichen es, Ladungsflüsse in Spin-Flüsse zu verwandeln, also elektrische Signale in magnetische, und umgekehrt. Hierfür nutzen die Forscher den sogenannten Spin-Hall-Effekt, ein relativistisches Phänomen, an dessen Entdeckung im Jahr 2004 Jairo Sinova bereits beteiligt war.

Beim Spin-Hall-Effekt werden Elektronen mit ihren Spins betrachtet. Sie wurden erzeugt, indem die Probe mit zirkular polarisiertem Licht bestrahlt wurde. Dadurch sind die Spins parallel oder antiparallel zueinander ausgerichtet, und zwar senkrecht zur Leiterebene und zu ihrer Bewegungsrichtung. Die sich bewegenden Elektronen-Spins werden aufgrund der für das Material typischen, sogenannten Spin-Bahn-Kopplung nach rechts oder links abgelenkt, je nach Orientierung des Spins. Auf diese Weise lassen sich die beiden Spin-Richtungen separieren.

Nun haben die Forscher herausgefunden, dass eines der am häufigsten verwendeten Halbleitermaterialien, Gallium-Arsenid, ähnlich effizient ist wie Platin, und das bei Raumtemperatur – eine wichtige Voraussetzung für die Anwendung. Darüber hinaus konnten sie erstmals zeigen, dass sich die Effizienz der Spin-Ladungs-Wandlung sogar kontinuierlich einstellen lässt, und zwar über die Stärke des elektrischen Feldes, das die Elektronen vorwärts treibt.

Welche Mechanismen diesen Phänomenen zugrunde liegen, haben die theoretischen Berechnungen von Sinova und seiner Gruppe gezeigt. Wenn sich die Elektronen durch den Halbleiter bewegen, sind sie in unterschiedlichen Tälern im Leitungsband unterwegs. Die Stärke der Spin-Bahn-Kopplung ist auf jeder dieser Spuren anders, und das wirkt sich wiederum auf die Stärke des Spin-Hall-Effektes aus. Weil die Forscher die Elektronen-Spins nun beliebig auf die verschiedenen Spuren verteilen können, können sie auch die Stärke des Spin-Hall-Effekts und damit die Effizienz des Spin-Ladungs-Wandlers beliebig einstellen.

Mit ihrer Idee, die Täler im Leitungsband gezielt zu nutzen, eröffnen die Forscher um Sinova einen neuen Weg, um weitere für die Spintronik geeignete Materialien zu finden und zu entwickeln. Insbesondere, weil es bereits mit heutigen Herstellungsverfahren der Halbleiterindustrie möglich ist, die Position der Täler und die Stärke der Spin-Bahn-Kopplung sehr genau einzustellen, etwa durch gezielten Einbau von Fremdelementen wie Aluminium in den Halbleiter.

U. Mainz / DE

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