Metall aus Wasserstoff
Bei knapp 500 Gigapascal geht Wasserstoff in einen metallischen Zustand über.
Bereits 1935 sagten Eugene Wigner und Hillard Bell Huntington voraus, dass Wasserstoff bei einem Druck von etwa 25 Gigapascal in einen metallischen Zustand wechseln kann. Diese Abschätzung erwies sich als viel zu gering. Zwar kamen vor etwa einem Jahr Physiker im schottischen Edinburgh dem Ziel schon sehr nahe. Sie erzeugten bei 325 Gigapascal immerhin eine Vorstufe des metallischen Wasserstoffs. Doch nun berichten zwei Physiker aus den USA, dass sie tatsächlich metallischen Wasserstoff nachgewiesen haben: bei etwa 495 Gigapascal, das entspricht knapp dem fünfmillionenfachen Atmosphärendruck.
Abb.: In einer Diamantpresszelle kann Wasserstoff enormen Drücken ausgesetzt und in ein Metall verwandelt werden. Erst ist der komprimierte Wasserstoff noch transparent, wandelt sich danach in eine schwarze Phase aus atomarem Wasserstoff und wird ab 495 GPa metallisch glänzend. (Bild: R. P. Dias & I. F. Silvera)
Isaac Silvera und Ranga Dias von der Harvard University in Cambridge sahen die Produktion von metallischem Wasserstoff als eine der großen Herausforderungen der Festkörperphysik an. Und der große experimentelle Aufwand gibt ihnen recht. So optimierten sie für ihre Druckversuche eine Diamantpresszelle, um überhaupt Drücke von bis zu 500 Gigapascal aufbauen zu können. Dazu reinigten sie beispielsweise die verwendeten Diamanten mit einem Ionenstrahl von vielen Verunreinigungen in der Oberfläche.
In diese Presszelle setzten die Forscher zwischen zwei hochreine Industriediamanten eine kleine, mit Wasserstoff gefüllte Kammer. Tief abgekühlt auf 5,5 Kelvin erstarrte der molekulare Wasserstoff und konnte zunehmend stärkeren Drücken ausgesetzt werden. Dabei spalteten sich die Bindungen des molekularen Wasserstoffs auf und atomarer Wasserstoff entstand. Ab 335 Gigapascal Druck verdunkelte sich die vorher transparente Probe. Die Vorstufe des metallischen Wasserstoffs, die bereits vor einem Jahr nachgewiesen konnte, war erreicht. Bei 495 Gigapascal schließlich veränderte die Probe abermals ihr Aussehen und reflektierte einfallendes Licht. Silvera und Dias ermittelten eine hohe Reflektivität von 0,91. Diese Eigenschaft ist typisch für Metalle und kann daher als ein Beleg für die Synthese von metallischem Wasserstoff interpretiert werden.
Nach diesem Erfolg der Grundlagenforschung werden mehrere Arbeitsgruppen versuchen, diesen Phasenwechsel zum metallischen Wasserstoff zu reproduzieren und den dazu nötigen Druck genauer zu bestimmen. Bei diesen Versuchen ließen sich weitere, theoretisch vorhergesagte Eigenschaften des metallischen Wasserstoffs überprüfen. So könnte dieses exotische Metall auch ohne permanenten Druck und Tiefkühlung in einen metastabilen Zustand übergehen. Am Ende dieser Arbeiten werden nicht nur vollständige Phasendiagramme von Wasserstoff unter hohen Drücken stehen. Auch für die Suche nach Supraleitern, die elektrischen Strom ohne Widerstand und möglichst bei Raumtemperatur leiten sollen, könnte diese Wasserstoffforschung neue Impulse geben. Denn metallischer Wasserstoff-
Jan Oliver Löfken
Anmerkung der Redaktion: Schon einen Tag nach Veröffentlichung wird vehemente Kritik an der Arbeit von Silvera und Dias laut, auch aus Deutschland. Ob es der Durchbruch in der Hochdruckphysik ist oder nicht – wir bleiben dran.
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RK