27.01.2017

Metall aus Wasserstoff

Bei knapp 500 Gigapascal geht Wasserstoff in einen metal­lischen Zu­stand über.

Bereits 1935 sagten Eugene Wigner und Hillard Bell Huntington voraus, dass Wasser­stoff bei einem Druck von etwa 25 Giga­pascal in einen metal­lischen Zustand wechseln kann. Diese Abschätzung erwies sich als viel zu gering. Zwar kamen vor etwa einem Jahr Physiker im schottischen Edinburgh dem Ziel schon sehr nahe. Sie erzeugten bei 325 Giga­pascal immerhin eine Vor­stufe des metal­lischen Wasser­stoffs. Doch nun berichten zwei Physiker aus den USA, dass sie tat­säch­lich metal­lischen Wasser­stoff nach­ge­wiesen haben: bei etwa 495 Giga­pascal, das entspricht knapp dem fünf­millionen­fachen Atmo­sphären­druck.

Abb.: In einer Diamantpresszelle kann Wasser­stoff enormen Drücken ausge­setzt und in ein Metall ver­wandelt werden. Erst ist der kompri­mierte Wasser­stoff noch trans­parent, wandelt sich danach in eine schwarze Phase aus atomarem Wasser­stoff und wird ab 495 GPa metallisch glänzend. (Bild: R. P. Dias & I. F. Silvera)

Isaac Silvera und Ranga Dias von der Harvard University in Cambridge sahen die Pro­duktion von metal­lischem Wasser­stoff als eine der großen Heraus­forde­rungen der Fest­körper­physik an. Und der große experi­men­telle Aufwand gibt ihnen recht. So opti­mierten sie für ihre Druck­versuche eine Diamant­press­zelle, um über­haupt Drücke von bis zu 500 Giga­pascal aufbauen zu können. Dazu reinigten sie beispiels­weise die verwen­deten Diamanten mit einem Ionen­strahl von vielen Verun­reini­gungen in der Ober­fläche.

In diese Presszelle setzten die Forscher zwischen zwei hochreine Industrie­diamanten eine kleine, mit Wasser­stoff gefüllte Kammer. Tief abge­kühlt auf 5,5 Kelvin erstarrte der mole­kulare Wasser­stoff und konnte zunehmend stärkeren Drücken ausge­setzt werden. Dabei spalteten sich die Bindungen des moleku­laren Wasser­stoffs auf und atomarer Wasser­stoff entstand. Ab 335 Giga­pascal Druck verdunkelte sich die vorher trans­parente Probe. Die Vorstufe des metal­lischen Wasser­stoffs, die bereits vor einem Jahr nachge­wiesen konnte, war erreicht. Bei 495 Giga­pascal schließ­lich verän­derte die Probe abermals ihr Aus­sehen und reflek­tierte einfal­lendes Licht. Silvera und Dias ermit­telten eine hohe Reflek­tivität von 0,91. Diese Eigen­schaft ist typisch für Metalle und kann daher als ein Beleg für die Synthese von metal­lischem Wasser­stoff inter­pretiert werden.

Nach diesem Erfolg der Grundlagenforschung werden mehrere Arbeits­gruppen ver­suchen, diesen Phasen­wechsel zum metal­lischen Wasser­stoff zu repro­du­zieren und den dazu nötigen Druck genauer zu bestimmen. Bei diesen Ver­suchen ließen sich weitere, theore­tisch vorher­gesagte Eigen­schaften des metal­lischen Wasser­stoffs über­prüfen. So könnte dieses exotische Metall auch ohne perma­nenten Druck und Tief­kühlung in einen meta­stabilen Zustand über­gehen. Am Ende dieser Arbeiten werden nicht nur voll­ständige Phasen­dia­gramme von Wasser­stoff unter hohen Drücken stehen. Auch für die Suche nach Supra­leitern, die elek­trischen Strom ohne Wider­stand und mög­lichst bei Raum­tempe­ratur leiten sollen, könnte diese Wasser­stoff­forschung neue Impulse geben. Denn metal­lischer Wasser­stoff-Metall gilt als ein Kandidat für Supra­leiter mit unge­wöhn­lich hohen Sprung­tempe­raturen.

Jan Oliver Löfken

Anmerkung der Redaktion: Schon ei­nen Tag nach Ver­öffen­tlich­ung wird vehemente Kri­tik an der Arbeit von Silvera und Dias laut, auch aus Deutsch­land. Ob es der Durch­bruch in der Hoch­druck­physik ist oder nicht – wir blei­ben dran.

RK

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