28.09.2018

Metallcluster spielt Superatom

Cluster aus 55 Kupfer- und Aluminiumatomen verhält sich wie ein einziges Atom.

Chemie kann teuer sein. Zum Reinigen von Abgasen beispielsweise benutzt man Platin. Das Edel­metall dient als Katalysator, der chemische Reaktionen beschleunigt. Ohne Katalysatoren wären viele Prozesse der chemischen Industrie nicht durchführbar. „Viele Forschungs­gruppen experimentieren mit neuen Material­verbindungen aus kosten­günstigeren, unedlen Metallen wie Eisen, Kupfer oder Aluminium. Doch bisher konnte niemand voraus­sagen, ob, wie und warum diese Katalysatoren reagieren“, erklärt Roland Fischer, Professor für anorganische und metall­organische Chemie der TUM. „Unser Ziel war es, diese Lücke zu schließen und die Grundlage zum Verständnis einer neuen Generation von Katalysatoren zu schaffen.“

Abb.: 43 Kupfer- und zwölf Aluminium­atome bilden einen Cluster, der die Eigenschaften eines Atoms besitzt. Das hetero­metallische Super­atom ist das größte je im Labor hergestellte. (Bild: C. Gemel / TUM)

Zusammen mit seinem Team konnte der Chemiker jetzt ein Geheimnis der unedlen Metall­verbindungen lüften. „Das Neue an unserem Ansatz war, dass wir nicht vorhandene Materialen unter­sucht, sondern – bottom-up – Verbindungen aus einzelnen Kupfer- und Aluminium­atomen aufgebaut haben“, berichtet Fischer.

Zwei Metalle auf atomarer Ebene zu verbinden, verlangte einiges an Know-how und Finger­spitzen­gefühl: Unter einer schützenden Argon-Atmosphäre mischten das Team im Reagenz­glas die Metall­atome, die an organische Verbindungen gebunden waren, und gaben dann ein Lösungs­mittel zu. „Wir haben natürlich gehofft, dass sich die Kupfer- und Aluminium­atome von den organischen Verbindungen trennen und zusammen einen Cluster bilden. Aber ob sie das wirklich tun und was dabei herauskommt, war völlig unklar“, erinnert sich Fischer.

Die Freude der Wissenschaftler war daher groß, als sich am Boden des Reagenz­glases rot­schwarze Körnchen mit bis zu einem Millimeter Durch­messer bildeten. Röntgen­aufnahmen brachten eine äußerst komplexe Struktur zum Vorschein: Jeweils 55 Kupfer- und Aluminium­atome sind so angeordnet, dass sie einen Kristall bilden, dessen Oberfläche aus zwanzig gleich­seitigen Dreiecken besteht, ein Ikosaeder. Weitere Unter­suchungen zeigten, dass die Kristalle chemisch wie ein einzelnes Kupfer-Atom reagieren und außerdem para­magnetisch sind.

Eine Erklärung für diese außer­gewöhnlichen Eigenschaften der Metall­cluster lieferte Jean-Yves Saillard von der französischen Universität in Rennes: 43 Kupfer- und zwölf Aluminium­atome bilden demnach ein „Super­atom“, in dem die Metalle eine gemeinsame Elektronen­hülle aufbauen, die der eines einzelnen Metall­atoms gleicht. Der Cluster hat daher die chemischen Eigen­schaften eines Atoms. Auf der äußersten Schale befinden sich drei Valenz­elektronen, deren Spins sich in einem Magnet­feld ausrichten – daher der beobachtete Para­magnetismus.

Das hetero-metallische Super­atom des Münchner Forschungs­teams, ist das größte, das je im Labor hergestellt wurde. „Dass es sich spontan, das heißt ohne Zufuhr von Energie, aus einer Lösung heraus bildet, ist ein äußerst bemerkens­wertes Ergebnis“, betont Fischer. „Es zeigt, dass die Anordnung von 55 Atomen eine Insel der Stabilität darstellt und damit die Richtung vorgibt, in die die chemische Reaktion abläuft.“

Die Ergebnisse des Forschungsprojekts will der Wissen­schaftler jetzt nutzen, um fein­körnige und damit hoch­wirksame Katalysator­materialien zu entwickeln. „Von einer Anwendung sind wir zwar noch weit entfernt“, betont Fischer. „Aber auf der Basis des jetzt Erreichten, können wir die Eignung von Kupfer-Aluminium-Clustern für katalytische Prozesse prüfen und auch Cluster aus anderen erfolg­versprechenden Metallen herstellen.“

TUM / DE

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