22.05.2013

Metamaterial bricht UV-Licht negativ

Ein Stapel aus plasmonischen Wellenleitern wird zur nahezu perfekten flachen Linse.

Materialien mit negativem Brechungsindex werden wegen ihrer ungewöhnlichen optischen und elektromagnetischen Eigenschaften intensiv erforscht. Schon 1967 hatte der russische Physiker Victor Veselago vorhergesagt, dass ein solches „linkshändiges“ Material eine einfallende elektromagnetische Welle vom Lot weg – also in die falsche Richtung – bricht. Eine quaderförmige Platte aus diesem Material wirkt demnach wie eine „flache Linse“ und bündelt die von einer Punktquelle ausgehenden Wellen. Jetzt haben Forscher in den USA aus einem neuartigen Metamaterial solch eine flache Linse für UV-Strahlung hergestellt.

Abb.: (a) Das Metamaterial wirkt wie eine ebene Linse, die die von einem Objekt ausgehenden Strahlen zu einem Bild bündelt, unterschiedliche Blenden (c,d) werden nahezu perfekt abgebildet (e,f). (Bild: T. Xu et al., Nature)

Da alle homogenen Materialien einen positiven Brechungsindex aufweisen, hat man in den letzten Jahren räumlich periodisch strukturierte Metamaterialien untersucht, die geeignet geformte metallische Bauelemente wie geschlitzte Ringe enthielten. Diese Elemente geben dem Metamaterial für bestimmte Frequenzen eine negative magnetische Permeabilität bei gleichzeitig negativer Dielektrizitätskonstante, sodass auch der Brechungsindex negativ wird. Dies gelang zuerst für Mikrowellen, da hier das Metamaterial nur im Millimeterbereich strukturiert werden musste. Wesentlich schwieriger ist die erforderliche Nano-Strukturierung von optischen Metamaterialien, die sichtbares Licht „negativ“ brechen. Zudem nimmt auch die Lichtabsorption in solchen Materialien zu, sodass man hier an eine Grenze gelangt ist.

Doch vor sechs Jahren hatten Henri Lezec und seine Kollegen am Caltech ein neuartiges Metamaterial vorgestellt, das für sichtbares Licht einen negativen Brechungsindex besaß und sich zudem vergleichsweise einfach fertigen ließ. Es bestand aus einer Gold- und einer Silberschicht, zwischen denen sich eine isolierende Schicht aus Siliziumnitrid befand. In diesem Wellenleiter traten transversal magnetisch polarisierte Moden auf (mit dem Magnetfeld parallel zu den Schichten), die an die Oberflächenplasmonen in der Silber-Siliziumnitrid-Grenzfläche und an die Plasmonen in der Goldschicht koppelten. Dies führte bei Wellenlängen um 514 Nanometer zu einer Anomalie in der Dispersionsrelation. Der Wellenvektor zeigte hier entgegen dem Poynting-Vektor der Welle, also gegen die Richtung des Energietransports, was einen negativen Brechungsindex zur Folge hatte. Experimente mit zweidimensionalen Anordnungen des Metamaterials bestätigten dies.

Jetzt haben Forscher um Lezec, der inzwischen am National Institute of Standards and Technology (NIST) in Gaithersburg arbeitet, ein Metamaterial entwickelt, das in drei Raumdimensionen UV-Licht „negativ“ bricht. Es bestand aus einer Folge von metallischen Silber- und nichtmetallischen Titanoxidschichten, die auf einer Glasunterlage aufgebracht und wie ein Sandwich übereinander gestapelt waren. Durch diesen Stapel von Wellenleitern konnten sich elektromagnetische Wellen ausbreiten, die wiederum an verschiedene Plasmonen koppelten. Auch hier führte die Kopplung dazu, dass für transversal magnetisch polarisierte Moden der Wellenvektor gegen den Poynting-Vektor gerichtet war, also ein negativer Brechungsindex auftrat.

Abb.: Wo das geschichtete Metamaterial an Luft (oben) oder an Glas (unten) grenzt, wird das UV-Licht in die „falsche“ Richtung gebrochen. (Bild: T. Xu et al., Nature)

Die NIST-Forscher haben die jeweilige Dicke der einzelnen Schichten, die etwa dreißig Nanometer betrug, so optimiert, dass bei einer UV-Wellenlänge von 363,8 Nanometern der Brechungsindex für einen möglichst großen Bereich von Einfallswinkeln nahezu konstant war und bei dem Wert –1 lag. Durch ein Lichtbrechungsexperiment prüften sie dies nach. Dazu ließen sie einen Lichtstrahl von oben auf die Schichtfolge des Metamaterials fallen und maßen, wie er von diesem abgelenkt wurde. Tatsächlich wurde der Strahl für Einfallswinkel zwischen 10 und 60 Grad zur „falschen“ Seite des Lots hin gebrochen. Hingegen wurde ein Lichtstrahl, der transversal elektrisch polarisiert war, „richtig“ gebrochen, da das Metamaterial für ihn einen positiven Brechungsindex besaß.

Sodann zeigten die Forscher, dass ihr 450 Nanometer dickes Metamaterial wie Veselagos ebene Linse auf transversal magnetisch polarisierte Wellen wirkte und diese bündelte. Indem sie den Verlauf von Lichtstrahlen hinter dem Metamaterial mit einem Mikroskop verfolgten, ermittelten sie die Brennweite der Linse, die 500 Nanometer betrug. Dann ließen sie das Licht auf der Oberseite des Metamaterials durch unterschiedlich geformte Blendenöffnungen laufen, die sich in einer Chromschicht befanden. Anschließend beobachten sie, wie die Blendenform in der Bildebene sichtbar wurde. Tatsächlich ergab die Kreisblende einen Kreis und die Kreuzblende ein Kreuz, wobei die jeweilige Blende und das entsprechende Bild exakt dieselbe Größe hatten – wie man es bei der Abbildung durch eine ebene Linse mit dem Brechungsindex –1 erwartet.

Zudem ließ sich das Metamaterial optisch schalten. Dazu bestrahlten die Forscher die unterste Titanoxidschicht des Metamaterials mit Licht einer Wellenlänge, die unterhalb von 760 Nanometern lag, der Bandlücke von Titanoxid. Das von oben durch das Metamaterial kommende UV-Licht wurde daraufhin stark absorbiert, vermutlich durch die freien Ladungsträger, die durch das optische Pumpen erzeugt worden waren. Lezec und seine Kollegen sind zuversichtlich, dass sich ihr leicht herzustellendes „negativ“ lichtbrechendes Metamaterial für großflächige optische Elemente eignet, mit denen man UV-Licht manipulieren kann.

Rainer Scharf

PH

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