28.07.2016

Metawürfel mit wandelbarer Oberfläche

3D-Drucker produziert anisotropes mecha­nisches Meta­material.

Symmetrisch strukturierte Metamaterialien bieten mit nega­tiven Brechungs­indices und Tarn­kappen-Effekten völlig neue Möglich­keiten, um elektro­magne­tische Wellen zu beein­flussen. Doch auch an mecha­nischen Meta­materi­alien, die etwa bei ein­seitigem Druck in allen drei Dimen­sionen schrumpfen, wird gear­beitet. Einen Schritt weiter gehen nun Forscher aus den Nieder­landen, die ein mecha­nisches Meta­material aus flexiblen Hohl­würfeln entwickelt haben. Dank einer aniso­tropen Verteilung dieser Meta­würfel bilden sich auf der Ober­fläche des Meta­materials unter mecha­nischem Druck beliebige Relief­strukturen. Dieses Verhalten könnte sich für besser ange­passte Prothesen, in der Robotik oder auch als Struktur­sensor nutzen lassen.

Abb.: Unter einseitigem Druck bildet sich auf der Seiten­fläche des Meta­würfels aus etwa tausend einzelnen Hohl­würfel-Einheiten ein Smiley heraus. (Bild: C. Coulais et al., AMOLF)

„Bisher bestehen mechanische Metamaterialien aus periodisch aufge­bauten Struk­turen, die keine komplexen Formen ermög­lichen“, sagt Martin van Hecke von der Uni­ver­sität Leiden. Zusammen mit Kollegen von der Uni­ver­sität Tel Aviv in Israel suchte van Hecke nach einer ungleich­mäßigen, aniso­tropen Anordnung von bis zu tausend Hohl­würfeln, die sich bei der Verformung nicht gegen­seitig behindern und so kein frustriertes System bilden. Hohl­würfel, deren Außen­wände sich unter Druck nach außen wölben, müssen dazu direkt an Hohl­würfel angrenzen, deren Wände sich nach innen stülpen. Für dieses komplexe Puzzle fanden die Forscher zahl­reiche Lösungen.

Nachdem sie einen Bauplan berechnet hatten, stellten die Forscher ihre Meta­würfel mit einem 3D-Drucker her. Entlang einer Achse zusammen­gepresst. zeigen sie das erwartete Verhalten. Darauf auf­bauend konnten van Hecke und seine Kollegen nun Meta­würfel konstru­ieren, die unter Druck ein belie­biges Muster auf der Außen­seite zeigen. Diesen Effekt demon­strierten sie mit einem Smiley, der sich dank der geschickten Anord­nung der einzelnen Hohl­würfel auf einer Seiten­fläche aus­bildete. „Doch es gibt nahezu unend­lich viele Möglich­keiten, so dass beliebige Struk­turen auf den Seiten­fläche kreiert werden können“, sagt van Hecke.

Abb.: Einzelner Hohlwürfel aus flexiblem Poly­urethan bildet die Basis­ein­heit für das mecha­nische Meta­material. (Bild: C. Coulais et al., AMOLF)

Auch wenn es sich um ein Grundlagenexperiment für mecha­nische Meta­materi­alien handelt, können sich die Forscher viele Anwen­dungen vor­stellen. So sollten diese Meta­würfel mit unter ein­seitigem Druck program­mier­baren Verhalten ideal für die Opti­mierung von Prothesen oder weichen Roboter­kompo­nenten sein, da sie sich exakt vor­ge­gebenen Struk­turen anpassen können. „Diese Meta­materi­alien können sich in jede Form verwandeln, die man sich wünscht“, ist van Hecke über­zeugt.

Kehrt man das Vorgehen konsequent um, eröffnet sich eine weitere Einsatz­möglich­keit dieser Meta­würfel als Struktur­sensor. Wird das Meta­material auf ein Relief gepresst, werden die einzelnen Hohl­würfel ent­sprechend nach innen gedrückt. Daraus resul­tiert auf der Ober­seite ein exakt defi­nierter Druck. Ändert sich nun die Form des Reliefs, ergibt sich ent­sprechend ein anderer Druck. Ein solcher orts­empfind­licher Sensor könnte beispiels­weise für schnelle Qualitäts­kontrollen von Ober­flächen einge­setzt werden.

Mechanische Metamateralien eröffnen viele bisher unge­ahnte Möglich­keiten. Vor zwei Jahren ent­wickelten Forscher des Karls­ruher Instituts für Techno­logie sogar eine mecha­nische Tarn­kappe. Die komplex aufge­baute Polymer­struktur schmiegt sich besser um kleine Objekte als jede her­kömm­liche Schaum­stoff­schicht. So konnte über ein Tasten auf diesem Meta­material nicht mal auf die Existenz eines darunter liegenden Objekts geschlossen werden. Das Material könnte etwa zu sehr dünnen, leichten und dennoch bequemen Camping­matratzen oder Teppichen führen, die darunter­liegende Kabel und Rohre verbergen.

Jan Oliver Löfken

RK

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