Methan auf Mars muss kein Hinweis auf Leben sein
Jahreszeitliche Variationen lassen sich durch geologischen Prozess erklären.
Als der im Sommer 2012 im Rahmen der Nasa-Mission „Mars Science Laboratory“ im Gale-Krater abgesetzte Rover Curiosity Ausbrüche des Gases Methan registrierte, und mehr noch, als die Messungen mit dem Laser-Spektrometer an Bord des Robotfahrzeugs jahreszeitliche Schwankungen des Methan-Anteils in der dünnen Mars-Atmosphäre zeigten, gerieten die Forscher auf der Erde in Aufregung. Denn auf der Erde deutet so etwas zumeist auf biologische Aktivität hin – ist also ein Hinweis auf Lebewesen. Bislang ließ sich kein physikalischer Prozess identifizieren, der diese Beobachtungen erklären kann.
Zwar kann die mit dem jahreszeitlichen Sonnenstand schwankende Intensität der ultravioletten Strahlung zu Variationen der Methankonzentration in der Atmosphäre führen. Doch dieser Effekt führt maximal zu einer Schwankung von etwa zwanzig Prozent. Die Messungen von Curiosity zeigen dagegen Variationen um fast einen Faktor 4 von 0,2 bis 0,8 ppb, also von zwei bis acht Methan-Molekülen je zehn Milliarden Molekülen in der Atmosphäre. Eine weitere mögliche Ursache wäre die temperaturabhängige – und damit ebenfalls jahreszeitlich schwankende – Adsorption und Diffusion von Methan im Regolith des Marsbodens. Analysen dieses Vorgangs führten bislang auf Variationen von lediglich ein paar Prozent, die also auch bei weitem nicht ausreichen, um die Beobachtungen zu erklären.
John Moores von der York University im kanadischen Toronto und seine Kollegen zeigen jetzt, dass bei diesen Untersuchungen jedoch ein entscheidender Prozess übersehen wurde: Das „mico-seepage“, also das Heraussickern sehr kleiner Mengen an Methan aus tieferen Schichten der Marskruste. Es gibt unterschiedliche Szenarien, woher solches Methan stammen könnte. So könnten beispielsweise organische Stoffe von Kometen und Asteroiden, die sich in der Frühgeschichte des Mars auf der Oberfläche abgelagert haben, verschüttet und thermisch in Methan konvertiert worden sein. Denkbar ist, sich dieses Methan in Käfigeinschlüssen im Kristallgitter von Wassereis im Marsboden befindet. „Unabhängig von seiner Herkunft steigt dieses Methan aber stets langsam an die Oberfläche und verstärkt dort die Prozesse der Adsorption und Diffusion dieses Gases“, so die Forscher.
Mithilfe eines numerischen Modell dieses Vorgangs zeigen Moores und seine Kollegen, dass sich die Curiosity-.Messungen bereits mit einer sehr geringen Menge an aus der Tiefe aufsteigendem Methan erklären lassen: Mit einem „micro-seepage“ von nur dreißig Gramm pro Quadratkilometer und pro Jahr lassen sich die jahreszeitlichen Methan-Schwankungen reproduzieren. Die Methan-Variationen müssen also keineswegs ein Hinweis auf biologische Aktivität sein. Die Forscher betonen, dass es die durch den Kraterwall abgeschirmte Umgebung ist, die eine solche Messung überhaupt erst möglich gemacht hat: In einem offenen Gelände würde die atmosphärische Durchmischung die Signatur dieses Prozesses zu schnell verwischen.
Rainer Kayser
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