02.09.2019

Mikroskopie mit Elektronenblitzen

Kombiniertes Verfahren ultraschneller Elektronenmikroskopie liefert hohe Orts- und Zeitauflösung.

Chemische Reaktionen und Phasen­umwandlungen sind schwierig zu untersuchen, wenn sie in Nanoteilchen ablaufen. Das liegt nicht nur an der Kleinheit der Objekte, sondern vor allem an der kurzen Zeit, innerhalb der sich diese Partikel umwandeln. Gewöhnliche Elektronen­mikroskope haben nicht die notwendige Zeit­auflösung, um in die hier benötigte Mikro- bis Nano­sekunden­skala vorzudringen. Zwar arbeiten optische Spektroskopie oder Röntgen­beugung mit kurzen Pulsen heute im Femto­sekundenbereich, dort fehlt aber die nötige Ortsauflösung, um Transformationen einzelner Nanopartikel zu beobachten.

 

Abb.: Das ultraschnelle Elektronen­mikroskop mit den laser­optischen...
Abb.: Das ultraschnelle Elektronen­mikroskop mit den laser­optischen Aufbauten an der Universität Straßburg (Bild: U. Straßburg)

Die Arbeitsgruppen um Florian Banhart an der Universität Straßburg und Thomas LaGrange an der Ecole Polytechnique in Lausanne haben nun eine Technik der Elektronen­mikroskopie zur Anwendung gebracht, die hohe Orts- mit hoher Zeitauflösung kombiniert. Der Grundstein dieser ultraschnellen Elektronen­mikroskopie wurde bereits in den 1960er Jahren in Berlin gelegt, findet aber erst seit wenigen Jahren eine gewisse Verbreitung. Die Methode funktioniert wie bei der Blitz­licht­fotografie: Das Objekt wird mit einem sehr kurzen Elektronenblitz beleuchtet, während der Verschluss der Kamera im Elektronen­mikroskop lange geöffnet bleiben kann.

Als Auslöser der Teilchenumwandlung dient ein kurzer Laserpuls, der auf die Probe geschossen wird. Nach einer einstellbaren Verzögerung folgt dann der Elektronenpuls. Letzterer wird ebenfalls mit einem Laserpuls erzeugt, der auf eine Photokathode im Elektronen­mikroskop trifft. Die gepulste Mikroskopie wird dann mit verschiedenen Verzögerungen an identischen Teilchen wiederholt, bis man die zeitliche Entwicklung des Objekts kennt.

Das Hauptproblem war bisher die Tatsache, daß die technisch wichtigen Reaktionen und Umwandlungen in Nano­teilchen meistens irreversibel sind. Man kann also nur einen einzigen Elektronen­puls (single-shot) zur Erzeugung einer Aufnahme verwenden, der aber sehr intensiv sein muss. Schwierigkeiten bereitet die gegenseitige Abstoßung der Elektronen, die mit hoher Dichte in einem Puls konzentriert sind.

Mit einem neuen Elektronen­mikroskop, das an der Universität Straßburg entwickelt wurde, gelang jetzt erstmals die umfassende Analyse einer schnellen chemischen Reaktion in Nanoteilchen. Mit dem gepulsten Elektronenstrahl wurde elektronenmikroskopische Abbildung mit Elektronenbeugung und erstmals weltweit mit Elektronenenergieverlust-Spektroskopie im Einzel­pulsmodus kombiniert, um die thermische Reduktion von Nickeloxid­kristallen zu untersuchen. Dabei konnten die Forscher nicht nur die Reaktionsgeschwindigkeit mit einer Präzision von etwa zehn Nanosekunden messen, sondern auch erstmals eine Übergangsphase von flüssigem Nickel sehen, die bei der Kinetik der Reaktion die entscheidende Rolle spielt.

Damit eröffnen sich zahlreiche neue Anwendungen der Mikroskopie mit Elektronen­pulsen. Irreversible Phasen­umwandlungen oder chemische Reaktionen in Nanomaterialien lassen sich jetzt mit den neuen Methoden der gepulsten analytischen Elektronen­mikroskopie im Detail untersuchen. Der nächste Schritt ist nun die Anwendung spezieller Probenkammern, die diese Technik auch in gasförmiger oder flüssiger Umgebung der Objekte ermöglichen.

IPCMS / U. Straßburg / CNRS / DE

 

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