Milchstraße nur halb so massereich wie Andromeda?
Statistische Analyse der Bewegungen in der lokalen kosmischen Umgebung „wiegt“ die Galaxis.
Das Universum als Ganzes dehnt sich aus – aber Galaxien in Gruppen und Haufen ziehen sich gegenseitig an. Dieses Tauziehen zwischen Expansion und Anziehung beeinflusst die lokale Dynamik der Galaxien. So sollte der lokale Hubble-Fluss in Regionen mit hoher Dichte kleiner sein und in Regionen mit niedriger Dichte größer. Außerdem gibt es Hinweise darauf, dass die Streuung der Geschwindigkeit bei Feldgalaxien größer ist als bei Galaxien innerhalb von großräumigen Strukturen.
Abb.: Unbestreitbar die „Chefin“ der Lokalen Gruppe – die Andromedagalaxie M31 (Bild: A. Evans; CC-BY-2.0)
Jorge Peñarrubia von der University of Edinburgh und seine Kollegen haben jetzt die Dynamik der Galaxien in unserer lokalen kosmischen Nachbarschaft bis zu einer Entfernung von der Megaparsec einer neuen Analyse unterzogen. Als freie Parameter verwendeten die Forscher dabei die Massen der Sternsysteme, sowie die Hubble-Konstante und die Dichte der Dunklen Energie. Als Beobachtungsgrößen gingen die Entfernungen und Geschwindigkeiten in das Modell ein.
Mithilfe eines auf Bayesscher Statistik beruhenden Verfahrens ermitteln Peñarrubia und seine Kollegen so die wahrscheinlichsten Werte für die freien Parameter ihres Modells. Für die Dunkle Energie erhalten die Forscher einen Wert von 0,54 mit relativ großen Fehlern im Bereich von 0,3 bis 0,4. Deshalb hat das Team die Analyse in einem zweiten Schritt an den vom Planck-Satelliten aus der kosmischen Hintergrundstrahlung ermittelten Wert von 0,686 angepasst. Damit verschiebt sich der wahrscheinlichste Wert für die Hubble-Konstante von 64 auf 67 km/s/Mpc) und ist in guter Übereinstimmung mit dem vom Planck-Satelliten gelieferten Wert.
Überraschend sind die Zahlen, die das Team für die Massen der beiden dominierenden Galaxien der Lokalen Gruppe findet: 800 Milliarden Sonnenmassen für unsere Milchstraße und 1,5 Billionen Sonnenmassen für die Andromeda-Galaxie M31. Damit enthält M31 bei etwa gleicher Größe die doppelte Masse wie die Galaxis. Demnach müsste Andromeda doppelt so viel Dunkle Materie enthalten wie die Milchstraße, folgern Peñarrubia und seine Kollegen. Allerdings sind auch bei dieser Massenbestimmung die Fehler relativ groß – sie liegen bei etwa 400 Milliarden Sonnenmassen.
Interessant ist noch ein weiteres Ergebnis der Analyse: Die dominierenden Massen der Andromeda-Galaxie und der Milchstraße erzeugen einen starken gravitativen Quadrupol, der eine anziehende Kraft entlang der Verbindungslinie beider Systeme und einer abstoßenden Kraft senkrecht dazu führt. Wie numerische Simulationen der Forscher zeigen, fallen kleinere Galaxien deshalb bevorzugt auf der Verbindungslinie in die Lokale Gruppe ein. Das führe zu einer deutlich anisotropen Verteilung der Galaxien in einem Radius von mehreren Megaparsec um die lokale Gruppe.
Rainer Kayser
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