Millionenfach schnellerer Wechsel von zirkular polarisierten Lichtpulsen
Two-Orbit-Modus von BESSY II ermöglicht schnelle Umschaltung der Helizität.
Am Speicherring BESSY II hat ein Forscherteam gezeigt, wie sich die Helizität von zirkular polarisierter Synchrotronstrahlung schneller umschalten lässt – und zwar bis zu einer Million Mal schneller als bisher. Die Wissenschaftler nutzten dazu einen am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie entwickelten elliptischen Doppel-Undulator und betrieben den Speicherring im Two-Orbit-Modus. Das ist eine besondere Betriebsart, die erst vor kurzem an BESSY II entwickelt wurde und die Basis für die schnelle Umschaltung liefert. Der ultraschnelle Wechsel der Lichthelizität ist vor allem für Untersuchungen von Prozessen in magnetischen Materialien interessant und wird schon seit langem von einer großen Nutzergemeinde erwartet.
Mit speziellen elliptischen Undulatoren lassen sich In Synchrotron-Strahlungsquellen wie BESSY II linear, aber auch zirkular polarisierte Lichtpulse erzeugen. Magnetische Strukturen in Materialien reagieren unterschiedlich auf zirkular polarisiertes Licht: Je nachdem, ob die Helizität der Röntgenpulse rechts- oder linksdrehend ist, absorbieren sie die Strahlung mehr oder weniger. Das nutzt man seit den 1980er Jahren aus, um statische und dynamische Veränderungen in magnetischen Materialien zu untersuchen und magnetische Nanostrukturen auf Oberflächen abzubilden.
Insbesondere für solche abbildenden Verfahren wünscht sich die Nutzergemeinde an Synchrotron-Strahlungsquellen seit langem die Möglichkeit die Helizität des Lichts schnell umzuschalten, vor Allem, weil sich daraus direkt ein magnetischer Bildkontrast ergibt, der etwa Bits in magnetischen Datenspeichern sichtbar und quantifizierbar macht. In den für BESSY II typischen elliptischen Undulatoren wird die Helizität des Lichtes durch eine mechanische Verschiebung von meterlangen Anordnungen von starken Permanentmagneten geschaltet, ein Vorgang, der teilweise Minuten dauert.
Die neue Methode basiert dagegen auf der Kombination solcher Undulatoren mit einem speziellen Orbit des Elektronenstrahls im Speicherring, der durch „transverse resonance island buckets“, kurz TRIBs, erzeugt wird. Während der Weg der Elektronen im Speicherring sich normalerweise nach einem Umlauf schließt, laufen im TRIBs-Modus die Elektronen bei aufeinanderfolgenden Umläufen auf verschiedenen Bahnen und können so Röntgenpulse von jeweils anderen Magnetfeldanordnungen emittieren.
Dass dieses Verfahren tatsächlich funktioniert, konnten HZB-Forscher kürzlich mit Hilfe des vorhandenen Doppel-Undulators UE56-2 bei BESSY II im Rahmen eines Pilotexperiments zeigen: Beim Durchgang durch eine speziell vorbereitete Magnetanordnung des Doppel-Undulators gaben in der Tat die Elektronenpakete aus unterschiedlichen Bahnen im TRIBs-Modus Röntgenphotonen mit derselben Wellenlänge aber entgegengesetzter zirkularer Polarisation ab. Dadurch können nun prinzipiell Signale von magnetischen Proben im Zeitabstand von nur einer Mikrosekunde mit abwechselnd rechts- und dann linkszirkular polarisierten Lichtpulsen untersucht werden. Im Pilotexperiment wurden die Signale von einer magnetischen Probe von Umlauf zu Umlauf detektiert und der schnelle Helizitätswechsel konnte eindeutig nachgewiesen werden. Mit neuen, für diesen Zweck maßgeschneiderten Undulatoren könnten bei BESSY II im TRIBs-Modus spezielle Beamlines mit ultraschnellem Helizitätswechsel angeboten werden. Perspektivisch sind sogar Wechsel im Nanosekundenabstand denkbar.
HZB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
K. Holldack et al.: Flipping the helicity of X-rays from an undulator at unprecedented speed, Commun. Phys. 3, 61 (2020); DOI: 10.1038/s42005-020-0331-5 - Methods and Instrumentation for Synchrotron Radiation Research, Bereich Forschung mit Großgeräten, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie