25.09.2012

Mit KI zum Ursprung des Universums

Methoden der künstlichen Intelligenz grenzen die Verteilung von Galaxien auf großen Skalen schärfer denn je ein.

Die Messung der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung, die durch den Urknall ausgelöst wurde, ermöglicht den Astronomen die Bewegung der Lokalen Gruppe von Galaxien – zu der unsere Galaxie gehört – zu messen. Astrophysiker versuchen, die Bewegung der Lokalen Gruppe durch die Anziehungskraft der umliegenden Dunklen Materie zu erklären, können dabei allerdings nur auf ihre Beobachtungen der sichtbaren Galaxienverteilung zurückgreifen.

Abb.: Aus den Daten der 2MRS-Durchmusterung berechnete der KIGEN-Code diese Darstellung der Galaxiendichte bis zu einer Entfernung von 185 Millionen Lichtjahren. (Bild: AIP)

Die grundlegende Schwierigkeit dieses Projekts schildert der Potsdamer Wissenschaftler wie folgt: „Aufschluss über die Verteilung der Dunklen Materie und deren Dynamik anhand der Galaxienverteilung zu gewinnen gleicht dem Versuch, aus der Satellitenaufnahme der Erde bei Nacht, auf der man allein die Lichter der stark besiedelten Regionen sieht, ein geographisch genaues Abbild unseres Planeten zu formen. Und das nicht nur zum heutigen Zeitpunkt sondern auch zu einem vergangenen, als die Kontinente noch zusammenhingen, um gleichzeitig die Kontinentalverschiebung zu bestimmen.“

Kitaura entwickelte einen Algorithmus der sich künstliche Intelligenz zu Nutzen macht. Die Methode spielt iterativ generierte Anfangsfluktuationen und die daraus resultierende Strukturentstehung in einem selbstlernenden Prozess durch. Die Ergebnisse werden dann mit der tatsächlichen Galaxienverteilung im Universum abgeglichen. So können durch das Verfahren auch die Bewegungsrichtung und Geschwindigkeitsfelder von Galaxien bestimmt werden.

Abb.: In diesem Ausschnitt des lokalen Universums mit einer Kantenlänge von 370 Millionen Lichtjahren sind neben den beobachteten Galaxien (rot) weitere hinzugefügt (blau), wo wegen des Staubs in der Milchstraße keine Beobachtungen möglich sind. Die Graustufendarstellung im Hintergrund gibt die großräumige Galaxiendichte wieder, berechnet mit dem Potsdamer KI-Algorithmus. (Bild: AIP)

„Unsere genauen Rechnungen zeigen, dass die Bewegungsrichtung und 80 Prozent des Geschwindigkeitsbetrags der Lokalen Gruppe durch die Materieverteilung innerhalb eines Radius von etwa 370 Millionen Lichtjahren in Übereinstimmung mit dem LCDM Modell erklärt werden können.“ sagt Kitaura, der die Studie geleitet hat. „Um die restlichen 20 Prozent zu erklären, müssen wir noch berücksichtigen, dass die Dynamik theoretisch von kosmischen Strukturen aus etwa 460 Millionen Lichtjahren Entfernung beeinflusst werden kann. Die Zeit, die man bräuchte, um diese Distanzen in Lichtgeschwindigkeit zu überbrücken, entspricht der Zeit, die seit der Ära der Dinosaurier bis ins Jahr 2012 vergangen ist – allerdings mehr als zweimal.“

Kitauras Verfahren ist die erste in sich konsistente Methode einer parallelen Rekonstruktion der Anfangsdichtefluktuationen des heutigen kosmischen Netzes und der Geschwindigkeitsfelder, die kompatibel mit der dreidimensionalen Verteilung der Galaxien in unserem lokalen Universum ist. Die Methode findet bereits jetzt innerhalb eines internationalen Teams weitere Anwendung, um mit bisher unerreichter Genauigkeit die Entwicklung des lokalen Universums auf Supercomputern zu simulieren und somit Rückschlüsse auf die Entstehung unserer Umgebung und unserer eigenen Galaxie zu ziehen.

AIP / OD

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