Mit lasergekühlten Ionen Reibung besser verstehen
Modellsystem für die atomgenaue Untersuchung von Reibungsphänomenen entwickelt.
Reibung: Bei der Bremse des Autos ist sie erwünscht, anderswo stört sie eher. Auf jeden Fall ist es gut, möglichst genau zu wissen, wie Reibungsphänomene zustande kommen – und das nicht nur im Großen, etwa im Maschinenbau, sondern auch auf mikroskopischer Ebene, etwa in der Biologie und in der Nanotechnologie. Doch war es bisher schwierig, Reibung dort zu erforschen, wo alles atomar klein wird und zudem nichtlineare Effekte im Vordergrund stehen. Nun haben Forscher der Physikalisch-
Abb.: Schema des Experiments: Dreißig Ytterbium-
Die meisten makroskopischen Objekte sind atomar gesehen rau. Auch wenn sie sich für uns glatt anfühlen, zeigen sie Unebenheiten auf. Genau genommen liegen zwei Objekte nicht direkt aufeinander, sondern sie berühren sich nur an diesen Unebenheiten. Daher spielt die atomare Gitterstruktur keine Rolle. Anders sieht es in der atomaren Welt aus, etwa bei Nanomaschinen oder Biomolekülen. „Hier liegen atomar glatte Flächen aufeinander. Dann spielt auch die Fläche eine Rolle und muss bei den Modellrechnungen berücksichtigt werden“, erklärt Tanja Mehlstäubler von der PTB. „Diese Modelle erklären auch faszinierende Phänomene wie das der Superschmierfähigkeit, bei dem sich die Haftreibung fast vollständig auflöst. Sie tritt auf, wenn zwei kristalline Oberflächen zueinander inkommensurabel sind. Das heißt, dass das Verhältnis der Gitterabstände der gleitenden Flächen irrational ist. Dies führt dazu, dass es keinen Ort gibt, an dem die beiden Flächen genau zueinander passen.“
Es gibt also Gründe genug, Reibung in der atomaren Welt möglichst gut zu messen und ihre Dynamik erforschen zu wollen. „Der direkte Zugriff auf die Dynamik zweier reibender Systeme ist experimentell nahezu unmöglich. Daher braucht man Modellsysteme, in denen man die Atome zeitlich und räumlich gut kontrollieren kann, um sie zu untersuchen“, erklärt Mehlstäubler. Ein solches System haben die PTB-
Zwei solcher Ionenketten bilden sehr gut die beiden Partner eines Reibungsvorganges ab – und können dabei auch noch sehr genau beobachtet werden. Denn wenn man die Ytterbiumionen mit Licht bestrahlt, dessen Frequenz in der Nähe ihrer Resonanzfrequenz liegt, dann fluoreszieren sie. „So können wir mithilfe unserer Abbildungsoptik die einzelnen atomaren Teilchen in ihrer Bewegung beobachten“, erläutert Jan Kiethe von der PTB. Dabei wurde ein Übergang zwischen zwei unterschiedlichen Phasen beobachtet und analysiert, der durch die Präsenz eines strukturellen Gitterdefekts ausgelöst wurde. In einem Regime dominiert die Haftreibung den Ladungstransport, im anderen die Gleitreibung.
Die Dynamik der Ionenketten ist vergleichbar mit der von Molekülketten, wie sie zum Beispiel in der DNS vorliegen. Damit haben die Forscher ein physikalisches Modellsystem geschaffen, mit dem sich in Zukunft die komplexe Dynamik der Reibung in 1- ,2- und 3-D-
PTB / RK