22.09.2014

Mit OLEDs den Vogelzug erforschen

NMR-Experimente zur Spinkopplung in Halbleitern könnten sich vielfältig anwenden lassen – auch in der Biologie.

Wie gelingt es Vögeln, das Magnetfeld der Erde wahrzunehmen? Eine mögliche Antwort auf diese lang umstrittene Frage bietet nun ein einfaches Modell, das auf den aus Handydisplays bekannten organischen Leuchtdioden (OLEDs) basiert. Ein Forscherteam von der Universität Regensburg und der University of Utah (USA) hat erstmals gezeigt, dass sich der Strom einer OLED auch mit kleinsten magnetischen Feldern schalten lässt. Diese Felder entsprechen einer Energie, die über eine Millionen Mal geringer ist als die Wärmeenergie bei Raumtemperatur.

Abb.: Eine OLED im Labor. (Bild: P. Klemm, U. Regensburg)

Die Spins der Elektronen und der Protonen in den organischen Verbindungen, aus denen OLEDs bestehen, können untereinander wechselwirken, genauso wie verschiedene Stabmagnete aneinander koppeln. Der Protonenspin übt eine Kraft auf den Elektronenspin aus, er führt zu einer gewissen Ablenkung der Kreiselbewegung: der Kreisel fängt an zu „eiern". Genau diese auch vom Kinderspielzeug bekannte Bewegung lässt sich jetzt direkt zeitaufgelöst im Strom einer OLED beobachten.

Es wurde schon lange vermutet, dass der Strom einer OLED von den magnetischen Eigenschaften der Protonen abhängt. Die Forscher um John Lupton in Regensburg und Christoph Boehme in Utah benutzten nun einen Trick, um diese Hypothese zu überprüfen. Mittels Kernspinresonanz gelang es, die magnetischen Momente der Protonen gezielt zu schalten. Dieses Schalten hat einen direkten Einfluss auf den elektrischen Strom, der durch die OLED fließt.

Abb.: Schematische Wechselwirkung von Elektron- und Protonspins in einer OLED. (Bild: K. van Schooten, U. Utah)

Das Erstaunliche an den neuen Experimenten ist, dass die magnetische Kraft des Protons über tausend Mal geringer ist als die des Elektrons. Trotzdem bestimmt die Ausrichtung der Protonen den elektrischen Strom der Elektronen. Die Ursache hierfür ist in den quantenmechanischen Eigenschaften des Elektronenspins zu finden. Dieser lässt sich als eine Art Welle beschreiben, als eine regelmäßige Schwingung. Durch diese wiederkehrende Oszillation können auch kleinste Störungen zu einem großen messbaren Signal aufgebaut werden, ähnlich wie in akustischen Resonanzphänomenen, beispielsweise in einer Trompete.

Genau diese Spinschwingungen wurden bislang auch als mögliche Erklärung für den Magnetfeldsinn einiger Tiere, insbesondere der Zugvögel, vorgebracht, wobei zahlreiche Aspekte des physikalischen Mechanismus bislang im Dunkeln blieben. Die neue Perspektive auf die Elektron-Proton-Wechselwirkung in OLEDs eröffnet die Möglichkeit, konkrete quantenmechanische Experimente zu konzipieren, um die auf das Tierreich bezogenen Hypothesen direkt an einem Halbleiterbauelement zu überprüfen und so der Lösung des Rätsels um die Zugvögel ein Stück näher zu kommen.

U. Regensburg / PH

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