Die Zellteilung ist ein grundlegender Prozess des Lebens. Form und mechanische Eigenschaften von Zellen verändern sich bei der Teilung. Bislang ist wenig darüber bekannt, was genau im Inneren der Zelle während der Zellteilung vor sich geht. Ein in Göttingen und Münster ansässiges Forschungsteam hat herausgefunden, dass das Innere der Zelle weicher und flüssiger wird, während es gleichzeitig während der Zellteilung weniger aktiv ist.
Die mechanischen Eigenschaften des Zellinneren beeinflussen die Prozesse während der Zellteilung. Sie entscheiden mit, wie die Zellbestandteile verteilt werden oder wie das genetische Material aufgeteilt wird. Es ist jedoch schwierig, das Innere einer lebenden Zelle zu untersuchen, ohne sie zu beschädigen. Mit Hilfe einer optischen Pinzette könnten die Forscher jedoch in eine Zelle „hineinfühlen“, ohne sie zu tatsächlich zu berühren oder zu verletzen. Dieses Werkzeug besteht aus hochfokussierten Infrarotlasern, die intrazelluläre Partikel einfangen und in Schwingung versetzen können. Das Forschungsteam kann auf diese Weise detaillierte mikroskopische Messungen in Echtzeit durchführen.
So konnte das Team die Eigenschaften im Inneren der Zelle während der gesamten Zellteilung überwachen. Zu diesem Zeitpunkt wird in Stoffwechselprozessen chemische Energie in mechanische Energie umgesetzt, um Komponenten innerhalb der Zelle zu transportieren. So konnte das Team nicht nur mechanische Eigenschaften wie die Festigkeit untersuchen, sondern auch messen, wieviel Energie die Zelle auf diese Komponenten ausübt.
Die Forscher zeigen, dass biologische Zellen während der Zellteilung in ihrem Inneren weicher und flüssiger werden, und die Aktivität innerhalb der Zelle abnimmt, während die Hülle steifer und runder wird. Diese Entwicklung im Inneren kann dazu beitragen, dass sich die Organellen, spezielle Strukturen innerhalb der Zellen, präzise und gerecht auf die beiden entstehenden Tochterzellen aufteilen.
„Für den Organismus ist es entscheidend, dass bei der Zellteilung alles nach Plan läuft. Diesen Prozess zu verstehen, ist wichtig, denn schon geringe Abweichungen können zum Zelltod oder zu Mutationen führen, die die Bildung von Krebszellen begünstigen – was die Gesundheit und Fortpflanzungsfähigkeit des Organismus beeinträchtigt“, erläutert Timo Betz von der Uni Göttingen. „Wir vermuten, dass die versteifte Zelloberfläche das geschwächte Zellinnere schützt. Möglicherweise sorgt das weicher gewordene Innere auch dafür, dass der Transportprozess von DNS und Organellen bei der Trennung der beiden Tochterzellen erheblich erleichtert wird.“
GAU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Hurst et al.: Intracellular softening and increased viscoelastic fluidity during division, Nat. Phys., online 21. Oktober 2021; DOI: 10.1038/s41567-021-01368-z - Gruppe Betz, III. Physikalisches Institut – Biophysik, Georg-August-Universität Göttingen
Weitere Beiträge
- Timo Betz, Gut geschüttelt, nicht gerührt (Physik Journal, Februar 2018, S. 29) PDF
- Klaus Kroy, Ein ganz besonderer Saft (Physik Journal, April 2016, S. 20) PDF
- Christoph F. Schmidt, Fesselnde Laserstrahlen (Physik Journal, Dezember 2018, S. 24) PDF