Mit schwachen Magnetfelder chemische Reaktionen im Metallbehälter beobachten
Anwendung der Null- bis Ultraniedrigfeld-NMR-Spektroskopie vermeidet Abschirm-Effekte.
Die Kernspinresonanz bildet die Grundlage für zahlreiche Untersuchungsmöglichkeiten. So gehört die Kernspinresonanzspektroskopie in der Chemie zu einer Standardmethode der Analytik. Und in der Medizin ist die Magnetresonanztomographie ein weitverbreitetes bildgebendes Verfahren. Wissenschaftler der Uni Mainz und des Helmholtz-Instituts Mainz haben in Zusammenarbeit mit Gastwissenschaftlern aus Russland jetzt ein neues Verfahren entwickelt, um chemische Reaktionen auch im Inneren von Metallbehältern zu beobachten. Sie setzen dabei die NMR-Spektroskopie auf unkonventionelle Weise ein, nämlich mit einem äußerst schwachen Magnetfeld.
„Das Verfahren bietet gleich zwei Vorteile: Zum einen können wir Proben in Metallbehältnissen untersuchen, zum anderen Proben aus verschiedenartigen Bestandteilen“, sagt Gruppenleiter Dmitry Budker. „Wir denken, dass die Ergebnisse für die praktische Anwendung von großem Nutzen sein könnten.“ Die NMR-Spektroskopie dient in der Chemie als Untersuchungstechnik, um die Zusammensetzung von Stoffen zu analysieren und Strukturen aufzuklären. Ein wichtiges Werkzeug ist die Hochfeld-NMR, die eine zerstörungsfreie Untersuchung von Proben ermöglicht.
Doch lassen sich mit dieser Methode keine chemischen Reaktionen in Metallbehältern beobachten, weil das Metall die relativ hohen Frequenzen abschirmt. Typischerweise bestehen NMR-Probencontainer daher aus Glas, Quarz, Plastik oder Keramik. Außerdem fallen die Ergebnisse bei heterogenen Proben aus verschiedenen Bestandteilen schlechter aus. Etwas fortschrittlichere Ansätze haben oft den Nachteil, dass sie keine Im-Betrieb-Analyse erlauben.
Budker und sein Team setzten daher auf den Einsatz von Null- bis Ultraniedrigfeld-Magnetresonanz, kurz ZULF-NMR. Weil dabei kein starkes externes Magnetfeld vorhanden ist, kommt es auch zu keiner Abschirmung durch den Metallcontainer. Die Versuche erfolgten in einem Titan-Röhrchen und zum Vergleich in einem herkömmlichen NMR-Röhrchen aus Glas. Dabei wurde jeweils Parawasserstoff durch eine Flüssigkeit geleitet, sodass eine Reaktion der Moleküle mit dem Wasserstoff stattfindet.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Reaktion in dem Titan-Röhrchen mithilfe der ZULF-NMR gut verfolgen lässt. Zu sehen ist, wie schnell die Reaktion stattfindet, in welchen Schritten sie erfolgt und an welchem Punkt des Prozesses sie sich befindet – alles noch während die Reaktion abläuft. Das Team rechnet damit, dass die ZULF-NMR auf dem Gebiet der Katalyse für operando und in situ Reaktionsmonitoring zur Anwendung kommt, ebenso wie zur Untersuchung der Mechanismen chemischer Reaktionen unter realistischen Bedingungen.
JGU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
D. B. Burueva et al.: Chemical Reaction Monitoring Using Zero-Field Nuclear Magnetic Resonance Enables Study of Heterogeneous Samples in Metal Containers, Ang. Ch., online 8. Juni 2020; DOI: 10.1002/anie.202006266 - QUANTUM – AG Quanten-, Atom- und Neutronenphysik, Institut für Physik, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz & Helmholtz-Institut Mainz