25.06.2019

Mit Schwingungen gegen Turbulenzen

Intelligente Steuerung soll ruhigere Flüge ermöglichen.

Selbst große, schwere Flugzeuge werden von heftigen Turbulenzen kräftig geschüttelt. Die Erfindung eines Doktoranden an der Technischen Universität Wien soll dieses Problem nun deutlich verringern: Fluggeräte werden mit speziellen Sensoren ausgestattet und sobald eine Turbulenz erkannt wird, kann man mit Hilfe einer ausgeklügelten Regelungs­technik gegensteuern. Simulationen und Flug­experimente zeigen, dass die Stabilität der Flugbahn und somit der Komfort der Passagiere erheblich verbessert werden kann. Sogar noch bessere Ergebnisse könnte man in Zukunft durch neuartige Flügel­konstruktionen erzielen, die ihre Geometrie verändern und an die Turbulenzen anpassen können, ähnlich wie Flügel von Vögeln.

Abb.: Landeanflug bei atmosphärischen Turbulenzen mit der lokalen Verteilung...
Abb.: Landeanflug bei atmosphärischen Turbulenzen mit der lokalen Verteilung von Auftrieb und Luftwiderstand. (Bild: TU Wien)

Heute versucht man, Turbulenzen vorherzusagen und besonders turbulente Luft­regionen zu umfliegen. Das kostet Zeit, Geld und Treibstoff. In Zukunft soll es möglich sein, Turbulenzen direkt zu durchfliegen, ohne schwere Erschüt­terungen zu erleiden – und zwar mit den Flugzeugen, die es heute bereits gibt. Wenn man nämlich ihre Flügel­klappen auf die richtige Weise ansteuert, kann man die Auswirkung von Turbu­lenzen drastisch reduzieren. „Zunächst werden in Fühlern vor dem Flugzeug Sensoren eingebaut, die den Luftdruck messen und dadurch Turbulenzen registrieren“, erklärt András Gálffy, Erfinder und nun Assistent am Institut für Auto­matisierungs- und Regelungs­technik der TU Wien.

„Sekunden­bruchteile später, wenn die Flügel in diese Luftregion gelangen, kann man mit Hilfe einer intel­ligenten Ansteuerung der Aktorik, die bei uns am Institut entwickelt worden ist, bereits gegensteuern“, sagt Georg Schitter, Leiter der Forschungs­gruppe für intelligente mecha­tronische Systeme. Kleine, genau der Turbulenz entgegen­wirkende Schwingungs­bewegungen der Flügelklappen genügen, um den Auftrieb zu variieren und damit die Schwingungen des Flugzeugs deutlich zu dämpfen. „Man kann sich das so vorstellen wie bei geräusch­unterdrückenden Kopfhörern mit noise cancelling: die Störungen, die von außen auf das System einwirken, werden genau gegen­gleich erzeugt und heben sich insgesamt auf. Das Ergebnis: ein turbulenz­freier Flug“, erklärt Gálffy.

Durch Simulationsrechnungen und unbemannte Testflüge konnte man zeigen, dass sich die Störeffekte durch Turbulenzen mit der neuen Technik um über achtzig Prozent verringern lassen. Die neue Methode wurde bereits zum Patent angemeldet. Nun soll durch Tests an bemannten Flugzeugen gezeigt werden, dass sich die Ergebnisse auf die kommer­zielle Luftfahrt übertragen lassen. Besonders interessant ist die Technik auch für senkrecht startende Fluggeräte – dort wirken der vertikale Schub und die neue Auftriebs­regelung in dieselbe Richtung, sodass sich eine besonders gute Dämpfung ergibt.

Noch besser könnte man die Auswirkung von Turbulenzen abfedern, wenn man noch dras­tischere Möglich­keiten hätte, steuernd in die Aerodynamik der Flügel einzugreifen. Das soll bei neuen Flugzeug­typen gelingen, indem man speziell adaptive Elemente in die Flügel einbaut. „Wenn man auf kurzer Zeitskala nicht nur die Flügel­klappen ansprechen, sondern sogar die Geometrie des Flügels verändern könnte wäre unsere Methode noch einmal deutlich wirkungsvoller“, sagt Gálffy. „Das streben wir nun mit adaptiven Flügeln an, mit Morphing Wings, die Vogel­flügeln nach­empfunden sind.“ Weitere Forschung dazu ist bereits geplant.

TU Wien / JOL

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