22.09.2021 • Nanophysik

Mit winzigen Nanopartikeln zu besserem Ladungstransport

Studie zeigt: Dreidimensionale topologische Isolatoren in makroskopischer Größe möglich.

Dreidimensionale topologische Isolatoren sind Materialien, die elektrischen Strom wider­stands­frei leiten können – aller­dings nur auf ihrer Oberfläche. Dieser Effekt ist jedoch schwer messbar: Weil die Materialien üblicher­weise wenig Oberfläche im Verhältnis zu ihrem Volumen haben, dominiert der Ladungs­transport im Inneren. Forschern der Uni Bielefeld ist es jetzt in Kooperation mit Kollegen der Uni Duisburg-Essen und des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoff­forschung Dresden gelungen, topologische Isolatoren auf Basis winzig kleiner Nano­partikel zu entwickeln und so den Ladungs­transport auf der Oberfläche nach­zu­weisen.

Abb.:  Aufnahmen der Ober­fläche eines Bismut-Tellurid-Pellets im...
Abb.: Aufnahmen der Ober­fläche eines Bismut-Tellurid-Pellets im Quer­schnitt (links), sowie des elek­trischen Strom­flusses (Mitte). Die Über­lage­rung der Auf­nahmen (rechts) zeigt, dass der Strom vor allem ent­lang der Kanten und Grenz­flächen fließt. (Bild: S. Izadi et al. / Small, Wiley)

„Makroskopisch große Proben drei­dimen­sionaler topo­lo­gischer Isolatoren haben ein sehr hohes Volumen im Vergleich zu ihrer Oberfläche. Dadurch gibt es sehr viel mehr Ladungs­träger in ihrem Inneren, sodass der schlechte Ladungs­transport im Inneren den Ladungs­transport auf der Oberfläche dominiert“, sagt Gabi Schierning von der Uni Bielefeld. „Obwohl die besonderen Transport­eigen­schaften von drei­dimen­sionalen topo­lo­gischen Isolatoren also theoretisch vorher­gesagt sind, ist es schwer, sie experi­mentell zu unter­suchen.“

Um dieses Problem zu umgehen, griff das Team auf Nanopartikel zurück. Weil diese Partikel so klein sind, haben sie im Verhältnis zu ihrem Volumen eine große Oberfläche. Schierning und ihre Kollegen haben Nanopartikel aus Bismut-Tellurid zu fünf Millimeter breiten und 0,5 Millimetern dicken Pellets zusammen­gepresst – und so einen drei­dimen­sio­nalen topo­lo­gischen Isolator herge­stellt, der aus Nano­einheiten aufgebaut ist.

Durch diesen Trick konnten die Forscher makro­skopische Material­proben mit sehr vielen Grenz- und Oberflächen erzeugen. Die Studie zeigt, dass sich die geschützten Ladungs­träger auf diesen Flächen unter­suchen lassen und dass dort elektrischer Strom sehr gut geleitet wird. „Durch unser spezielles Material­design haben wir es geschafft, Eigen­schaften heraus­zu­kitzeln, die wir aus der Theorie kennen, aber bisher so nicht sehen konnten“, so Schierning.

Zunächst wurden an der Uni Duisburg-Essen die Material­proben hergestellt. Dazu war viel Aufwand nötig: Die Nanopartikel müssen zum Beispiel sehr saubere Oberflächen haben und dürfen nicht mit der Umgebung reagieren. „Außerdem müssen sie so zusammen­gebracht werden, dass sie aneinander haften bleiben. Gleich­zeitig dürfen sie nicht so sehr verdichtet werden, dass die geschützten Transport­kanäle auf den Grenz­flächen verloren gehen“, sagt Schierning.

Anschließend haben die Forscher mit verschiedenen Methoden den Ladungs­transport auf den Grenz- und Oberflächen unter­sucht. Die Wissen­schaftler haben zum Beispiel gemessen, wie gut die Material­probe unter verschiedenen Bedingungen Strom leitet, etwa bei unter­schied­lichen Temperaturen oder unter­schiedlich starken Magnetfeldern. „Die Ergebnisse sind ein klarer Hinweis auf Transport­mechanismen eines drei­dimen­sio­nalen topo­lo­gischen Isolators“, so Schierning.

Ergänzt wurden die Untersuchungen durch Terahertz-Spektro­skopie, für die das Forschungs­team von Martin Mittendorff von der Uni Duisburg-Essen verantwortlich war. Dabei wird die Probe mit elektro­magnetischen Wellen im Terahertz-Bereich angeregt und die reflektierte Strahlung gemessen. Auch hier ließen sich spezielle Phänomene beobachten, die nur bei drei­dimen­sio­nalen topologischen Isolatoren vorkommen – und das sogar bei Temperaturen bis etwa minus 70 Grad Celsius, also recht hohen Temperaturen für einen solchen Effekt.

„Unsere Studie zeigt, dass sich drei­dimen­sionale topo­logische Isolatoren in makro­skopischer Größe und bei vergleichs­weise hohen Temperaturen realisieren lassen. Das ist ein wichtiger Schritt in der Grundlagen­forschung, der auch für potenzielle Anwendungen wichtig sein könnte – davon sind wir allerdings noch weit entfernt“, so Schierning. Drei­dimen­sionale topo­logische Isolatoren könnten zum Beispiel in Quanten­computern zum Einsatz kommen.

U. Bielefeld / RK

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