02.01.2008

Mobile Metallatome

Für moderne leistungsfähige Akkus, Batterien, aber auch in Brennstoffzellen braucht man Feststoffe mit einer hohen Ionenleitfähigkeit. Deutsche Forscher haben jetzt eine neue Klasse anorganischer Ionenleiter entwickelt.



Neue Klasse Lithium-reicher Festkörper mit ungewöhnlich hoher Lithium-Beweglichkeit

Mobiltelefone, Notebooks, iPods – im Boom tragbarer Informations- und Kommunikationsgeräte gelten Lithium-Ionen-Akkus als unverzichtbare Stromlieferanten. Gegenüber anderen wiederaufladbaren Batterietypen bieten sie die höchste Energiedichte, verhelfen Laptops zu erträglichen Arbeitszeiten und leiden nicht unter einem Memory-Effekt. Wirklich zufriedenstellend arbeiten heutige Akkus jedoch noch nicht. Was man für moderne leistungsfähige Akkus, Batterien, aber auch in Brennstoffzellen braucht, sind Feststoffe mit einer noch höheren Ionenleitfähigkeit für Lithium-Ionen. Deutsche Forscher haben jetzt eine neue Klasse anorganischer Ionenleiter entwickelt, die eine dem Mineral Argyrodit analoge Struktur aufweisen. Wie ein Siegener Team um Hans-Jörg Deiseroth in der Zeitschrift Angewandte Chemie berichtet, besteht der leitfähigste Vertreter dieser künstlichen Mineralien aus Lithium-, Phosphor-, Schwefel- und Brom-Atomen.

In Ionenleitern wird Ladung nicht in Form von Elektronen, wie z.B. in Metallen, sondern in Form geladener Atome oder Moleküle transportiert – typischerweise Lithium-Ionen. Dazu werden Materialien benötigt, in denen sich die Lithium-Teilchen möglichst frei bewegen können. Das Team der Uni Siegen, das mit Wissenschaftlern der Universität Münster kooperiert, griff als Ausgangspunkt auf ein altbekanntes Mineral zurück: Argyrodit, ein 1885 bei Freiberg entdecktes Silber-Germanium-Schwefel-Mineral, in dem die Silberionen recht beweglich sind.

Die einzelnen Bestandteile lassen sich durch eine Reihe anderer Atome ersetzen, unter Beibehalt der typischen Struktur des Minerals. So wurde der Begriff Argyrodit zum Namensgeber für eine ganze Verbindungsklasse, deren Atomanordnung diesem Strukturtyp gehorcht. Das Team um Deiseroth stellte nun eine Variante her, in der Silber durch Lithium, Germanium durch Phosphor und ein Teil der Schwefelatome durch Halogenide (Chlor, Brom, Iod) ersetzt wurden. So entstehen Argyrodit-artige Strukturen der Zusammensetzung Li6PS5X (X: Cl, Br oder I).



Abb.: Mobile Metallionen: Halogenid-substituierte Lithiumargyrodite bilden eine neue
Klasse von Li-reichen Festkörpern mit ungewöhnlich hoher Li-Beweglichkeit.
Einkristall-Röntgenstudien (siehe Bild; schwarz Li, gelb S, rot I) bei Raumtemperatur
und MAS-NMR-Messungen über einen breiten Temperaturbereich bieten spannende Einblicke in die Dynamik der Li+-Ionen.

Im Kristall ordnen sich die Phosphor-, Schwefel- und Halogenatome zu einer Art dichten Tetraederpackung an, deren Lücken mehr oder weniger regelmäßig mit Lithium-Ionen bestückt sind. Die Lithium-Ionen können von Lücke zu Lücke „springen“. Freie Beweglichkeit von Ionen bedeutet, dass der Feststoff eine hohe Ionenleitfähigkeit hat. Die bromhaltige Struktur zeigt dabei eine der höchsten bisher bei Festkörpern bekannten Ionenleitfähigkeiten für Lithium.

Die Wissenschaftler haben die Lithiumargyrodite eingehend mit Einkristall-Röntgenstudien und einer speziellen Kernspin-Technik (MAS-NMR) untersucht. Auf diese Weise konnten sie deren Kristallstruktur genau charakterisieren und spannende Einblicke in die Dynamik der beweglichen Lithium-Ionen gewinnen.

Quelle: Angewandte Chemie

Weitere Infos:

  • Li6PS5X: A Class of Crystalline Li-Rich Solids With an Unusually High Li+ Mobility
    Angewandte Chemie 2008, 120, No. 4, 767–770,
    doi: 10.1002/ange.200703900

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