Mögliches Signal des Gravitationswellen-Hintergrunds im Nanohertz-Bereich nachgewiesen
EPTA-Kollaboration präsentiert Ergebnis einer 24-jährigen Kampagne mit den fünf größten europäischen Radioteleskopen.
Das „European Pulsar Timing Array“ EPTA ist eine wissenschaftliche Kollaboration von Teams von Astronomen an den großen europäischen Radioteleskopen, sowie weiterer Gruppen, die sich auf die Datenanalyse und die Modellierung von Gravitationswellensignalen spezialisiert haben. Sie hat jetzt eine detaillierte Analyse eines möglichen Signals für den seit langem gesuchten Gravitationswellenhintergrund präsentiert. Dieser wäre auf supermassereiche schwarze Löcher zurückzuführen, die durch das Verschmelzen von Galaxien entstehen und die sich in geringem Abstand voneinander umkreisen. Obwohl ein eindeutiger Nachweis damit noch nicht gelungen ist, stellt das aktuelle Resultat doch einen bedeutenden Schritt auf dem Weg dar, Gravitationswellen bei sehr niedrigen Frequenzen im Nanohertzbereich aufzuspüren. Das Kandidatensignal ist das Ergebnis einer beispiellos detaillierten Analyse unter Verwendung zweier unabhängiger Methoden. Darüber hinaus weist das Signal starke Ähnlichkeiten mit den Signalen auf, die bereits in den Analysen von anderen Teams gefunden wurden.
Dieses Ergebnis wurde möglich aufgrund eines Datensatzes, der über einen langen Zeitraum von 24 Jahren mit den fünf großen europäischen Radioteleskopen gesammelt wurde. Im Beobachtungsmodus des „Large European Array for Pulsars“ sind diese fünf Teleskope so miteinander verbunden, dass sie ein virtuelles, voll bewegliches 200-m-Radioteleskop darstellen, mit dem die Empfindlichkeit des EPTA für Gravitationswellen erheblich verbessert wird.
Die von den Magnetpolen der rotierenden Pulsare ausgehenden Strahlen werden als Pulse beobachtet, wenn sie die Sichtlinie zur Erde passieren. Pulsar Timing Arrays sind Netzwerke von sehr stabil rotierenden Pulsaren, die als Detektoren für Gravitationswellen im galaktischen Maßstab eingesetzt werden. Sie sind insbesondere empfindlich für sehr niederfrequente Gravitationswellen im Nanohertz-Bereich. Mit Pulsar Timing Arrays können daher Gravitationswellen untersucht werden, wie sie von Systemen umeinander rotierender und langsam sich annähernder supermassereicher schwarzer Löcher in den Zentren von Galaxien ausgesandt werden. Die Addition der Gravitationswellen, die von einer kosmischen Population dieser Binärsysteme freigesetzt werden, bildet den Gravitationswellenhintergrund.
„Wir können kleine Änderungen in den Ankunftszeiten der Radiosignale der Pulsare auf der Erde messen, die durch die Deformation der Raumzeit aufgrund einer durchlaufenden Gravitationswelle sehr niedriger Frequenz verursacht werden. In der Praxis zeigen sich diese Deformationen in der Raumzeit als Quellen eines sehr niederfrequenten Rauschens in der Reihe der beobachteten Ankunftszeiten der Pulse, ein Rauschen, das von allen Pulsaren eines Pulsar Timing Arrays gemeinsam erfasst wird“, erklärt Yanjun Guo vom MPI für Radioastronomie in Bonn. Die Amplitude dieses Rauschens ist jedoch sehr gering und viele andere Effekte könnten ein entsprechendes Rauschen auf jeden einzelnen Pulsar im Pulsar Timing Array übertragen.
Zur Validierung der Ergebnisse wurden mehrere unabhängige Auswertungsprogramme mit unterschiedlichen statistischen Rahmen verwendet, um alternative Rauschquellen ausschließen zu können und nach dem Gravitationswellenhintergrund zu suchen. Wichtig ist, dass zwei unabhängige Verfahren im kompletten Verlauf der Analyse verwendet wurden, um eine gegenseitige Konsistenz zu gewährleisten. Zusätzlich wurden drei unabhängige Methoden verwendet, um mögliche systematische Effekte bei den Planetenparametern des Sonnensystems zu berücksichtigen, die in den Modellen zur Vorhersage der Impulsankunftszeiten verwendet werden. Sie stellen einen Hauptkandidaten für falsch positive Gravitationswellen-Signale dar.
Die Analyse mit beiden Verfahren im Rahmen der EPTA-Beobachtungen ergab ein klares Kandidatensignal für einen Gravitationswellenhintergrund. Die ermittelten spektralen Eigenschaften liegen innerhalb der theoretischen Erwartungen für das erwartete Rauschen des Gravitationswellenhintergrunds.
Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt eine räumliche Korrelation des Signals, die Hellings-Downs-Kurve, voraus. Ihr Nachweis kann das beobachtete Rauschen als eindeutig von einem Gravitationswellenhintergrund verursacht identifizieren. „Im Moment erlauben uns die statistischen Unsicherheiten in den Messungen noch nicht, das Vorhandensein der für das Gravitationswellen-Hintergrundsignal erwarteten räumlichen Korrelation zu identifizieren“, sagt Siyuan Chen, Forscher am Laboratoire de Physique et de Chimie de l'Environnement et de l'Espace in Orleans. „Für eine weitere Bestätigung müssen wir eine noch größere Zahl von Pulsardaten in die Analyse einbeziehen, aber die aktuellen Ergebnisse sind bereits sehr ermutigend.“
MPIfR / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Chen et al.: Common-red-signal analysis with 24-yr high-precision timing of the European Pulsar Timing Array: Inferences in the stochastic gravitational-wave background search, Mon. Not. R. Astron. Soc. 508, 4970 (2021); DOI: 10.1093/mnras/stab2833 - EPTA – The European Pulsar Timing Array
Weitere Beiträge
- Physik-Journal-Dossier Gravitationswellen