19.11.2014

Molekül-Cluster als Datenspeicher

Zellen in nicht-flüchtigen Festkörper-Speichern könnten bis auf wenige Nanometer schrumpfen.

Rasant steigt die Kapazität von Speicherkarten und Festkörper-Speichern (SSD) an. Herkömmliche Festplatten werden zunehmend aus dem Laptop-Markt verdrängt. Damit diese Entwicklung nicht allzu schnell endet, arbeiten Wissenschaftler weltweit an Speichermedien, die ein Vielfaches der heute üblichen Kapazitäten erlauben sollen. Mit Polyoxometallat-Clustern fand nun eine britische Arbeitsgruppe der University of Glasgow hinreichend stabile und damit viel versprechende Kandidaten für die nicht-flüchtigen Speicherzellen der Zukunft.

Abb.: Materialien für die Speicherzelle der Zukunft: Grafik der komplexen Struktur eines Polyoxometallat-Clusters. (Bild: Cronin Group, U. Glasgow)

„Anorganische Moleküle für Flash-Speicher weisen einen wichtigen Weg, um Speicherzellen bis auf die Größe einzelner Moleküle schrumpfen zu können“, sagt Gruppenleiter Leroy Cronin. Zusammen mit seinen Kollegen wählte er Polyoxometallat-Cluster aus Wolfram, Selen und Sauerstoff, die einen Durchmesser von nur etwa einem Nanometer aufwiesen. Diese Cluster deponierten die Forscher in einem nasschemischen Verfahren auf einer isolierenden Oberfläche und kontaktieren sie mit winzigen Silizium-Nanodrähten.

Über positive und negative Spannungspulse von bis zu 20 Volt konnten Cronin und Kollegen die elektrische Ladung dieser Cluster reversibel verändern. Dabei reagierten einzelne Selen-Ionen, die in einem Käfig aus Wolframoxid gefangen waren, miteinander. Bei dieser elektrochemischen Reaktion veränderte sich die chemische Bindung zwischen zwei Selen-Ionen. Parallel wechselten die Selen-Ionen ihre Oxidationszahl und ließen sich zwischen einem vier- und einem fünfwertigem Zustand schalten. Weitere Versuche zeigten, dass der jeweilige Ladungszustand mindestens zwei Wochen lang stabil blieb. Genau das ist die Grundlage für einen nicht-flüchtigen Datenspeicher.

Abb.: Mikroskopaufnahme einer ersten Speicherzelle mit nur einem Molekül, kontaktiert mit Nanodrähten aus Silizium. (Bild: Cronin Group, U. Glasgow)

Schon vorher experimentierten viele Wissenschaftler mit einzelnen Molekülen, um aus ihnen möglichst kleine Speichereinheiten zu bauen. Allerdings zeigten diese entweder zu hohe elektrische Widerstände oder eine zu geringe thermische Stabilität. Diese Nachteile konnten die Forscher nun mit den Polyoxometallat-Clustern beseitigen. Dennoch ist es bis zu einer technischen Anwendung noch ein weiter Weg.

So hofft Cronin, mit einer optimierten Anordnung der Cluster die zur Datenspeicherung nötigen elektrischen Spannungen auf deutlich kleinere Werte reduzieren zu können. Zudem müsste ein reversibles Schalten der Cluster-Ionen viele tausend Male fehlerfrei funktionieren. Sollten diese Schritte gelingen, steht die Suche nach einem geeigneten Verfahren an, um Milliarden dieser Cluster auf engstem Raum anordnen zu können. Mit modernen, lithografischen Methoden ist das jedoch nicht ausgeschlossen. Erst danach könnten erste Prototypen mit Speicherzellen und sogenannten Floating-Gates aus Polyoxometallat-Cluster entstehen, die dann die Basis für Speicherkarten mit über tausend Gigabyte Kapazität legen könnten.

Jan Oliver Löfken

PH

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