18.10.2012

Mond und Erde: aus demselben Stein gehauen

Isotopenanalyse von Mondgestein und neue Simulationen sprechen für die Kollisionstheorie.

Es ist mittlerweile zwar eine weithin akzeptierte Standardhypothese, dass der Mond das Produkt einer gigantischen Kollision zwischen der Urerde und einem kleineren zweiten Planeten ist. So belegen die Gesteinsproben, die Astronauten der Apollo-Missionen zurück zur Erde gebracht haben, von der Isotopenverteilung her eine erstaunliche Ähnlichkeit von Mond und Erde. Viele Fragen zur Entstehung des Mondes sind allerdings noch offen. Denn wenn der Mond aus den Bruchstücken eines solchen Einschlags hervorgegangen ist, dann hängt seine chemische Zusammensetzung entscheidend davon ab, wie gut sich das Material der beiden Kollisionspartner beim Zusammenstoß vermischt hat.

Abb.: Simulierte Kollision zweier ähnlich schwerer Planeten mit 45 bzw. 55 Prozent der Erdmasse. Nach dem ersten Zusammenstoß verschmelzen sie zu einem einzigen, schnell rotierenden Planeten, um den eine eisenarme Scheibe mit dreifacher Mondmasse entsteht. Die Skala bildet die Temperatur der Partikel in Kelvin ab. (Bild: SwRI)

Die beiden Vorläuferplaneten von Mond und Erde müssen an verschiedenen Stellen unseres Sonnensystems entstanden sein und sollten sich dementsprechend in der Isotopenverteilung unterscheiden. Die Vermischung des Materials der beiden Planeten durch eine Kollision hängt dann von ihrem Größenverhältnis, von der Aufprallgeschwindigkeit, dem Aufprallwinkel und der Rotation der beiden Körper ab.

Gleich zwei neue Simulationsstudien gehen deshalb der Frage nach, welche Parameter ein solcher Crash gehabt haben kann. Eine andere Forschergruppe hat die Verteilung von Zink-Isotopen in irdischem und Mondgestein verglichen. All diese Forschungsarbeiten decken sich in ihrem Befund, dass wahrscheinlich eine gigantische Kollision zur Entstehung von Mond und Erde, wie wir sie kennen, geführt hat.

Bei einem solchen Zusammenprall verdampft ein guter Teil der Planetenmasse. Aus der dabei entstehenden Wolke aus Dampf und Trümmern bildet sich dann der neue Himmelskörper, wodurch die leichter flüchtigen Stoffe gegenüber den schwerer flüchtigen abgereichert werden. Denn letztere kondensieren schneller aus und die leichter flüchtigen können einfacher ins All entschwinden.

Die verschiedenen Anteile leicht flüchtiger Elemente liefern deshalb wichtige Erkenntnisse über den Entstehungsprozess des Mondes. Das Problem besteht jedoch darin, wie man aus verschiedenen Gesteinen von der Mondoberfläche auf die Gesamtzusammensetzung an flüchtigen Elementen im Innern schließen kann. Wie Forscher um Frédéric Moynier von der Washington University in Saint Louis berichten, ist Zink ein hervorragender Indikator für den Anteil an leicht flüchtigen Elementen im Mondinnern. Es findet sich unter anderem in Basalten, die einst bei Vulkanausbrüchen aus dem Mantel des Mondes auf seine Oberfläche gebracht wurden.

Die Forscher verglichen Proben von zwanzig verschiedenen Orten auf dem Mond und einem Mondmeteoriten mit irdischem Gestein sowie anderen Meteoriten. Dabei stellten sie fest, dass die leichten Zinkisotope im Mondgestein einen verringerten Anteil hatten, die schwereren hingegen angereichert waren. Insgesamt beobachteten die Forscher einen Schwund an leicht flüchtigem Material vom Mond. Dies spricht für die These, dass der Mond sich aus der heißen Gasscheibe nach einer Planetenkollision gebildet hat.

Wie genau ein solcher Zusammenstoß ausgesehen haben kann, ist Gegenstand zweier neuer Simulationsstudien. Diese Studien müssen unter anderem die Homogenität von Mond- und Erdgestein erklären, also eine hochgradige Durchmischung des Planetenmaterials bei der Kollision. Gängige Modelle gingen bislang davon aus, dass ein etwa Mars-großer Planet namens Theia die damals noch etwas leichtere Erde erwischte. Diese Simulationen hatten allerdings Probleme: Sie führten zu einem Mond, der chemisch eher dem Impaktor ähnlich ist und sich von der Erde unterscheidet. Es sind aber auch ganz verschiedene Szenarien möglich, die die lunare Elementverteilung besser erklären.

Matija uk und Sarah Stewart von der Harvard University haben nun den ungewöhnlichen Fall untersucht, dass eine sehr schnell rotierende Protoerde von einem kleinen, aber schnellen Impaktor getroffen wurde. Bei dieser Kollision wäre hauptsächlich Material des Erdmantels in eine Umlaufbahn geschleudert worden, in der sich dann der chemisch ähnliche Mond hätte entwickeln können. Die Ergebnisse der Simulation sind in gutem Einklang mit den bekannten Elementverteilungen, jedoch hat das System Erde-Mond anschließend einen deutlich höheren Drehimpuls als das heutige. Durch gravitative Wechselwirkung mit der Sonne ergeben sich in einem solchen System aber Resonanzeffekte, die den Drehimpuls sukzessive verringern.

Ein ähnliches Modell schlägt Robin Canup vom Southwest Research Institute vor. In ihrer Simulation hat sie untersucht, was passiert, wenn zwei ähnlich schwere Planeten mit deutlich geringerer Geschwindigkeit aufeinander stoßen. Hierbei wäre das Material beider Himmelskörper stark vermischt worden, was ebenfalls zur beobachteten Homogenität von Mond- und Erdgestein passt. Auch hier entsteht ein größerer Drehimpuls als der heute bekannte, was aber durch den Resonanzeffekt verringert werden kann.

Beide Simulationsstudien können die Isotopenverteilung gut reproduzieren. Dies spricht dafür, dass höhere Drehimpulse des Gesamtsystems involviert gewesen sein können als bislang angenommen. Zusammen mit der Erkenntnis über den Mangel an leicht flüchtigen Elementen eröffnen sich damit neue Möglichkeiten, die Entstehung unseres Trabanten vor gut viereinhalb Milliarden Jahren nachzuvollziehen.

Dirk Eidemüller

OD

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