Müde bin ich, geh’ zur Ruh’ …
Philae ging am 15. November 2014 um 1.36 Uhr in den wohlverdienten Schlafmodus.
Nach seiner dreifachen Landung führte Lander Philae insgesamt über 56 Stunden wissenschaftliche Messungen auf der Kometenoberfläche durch – am 15. November 2014 um 1.15 Uhr war der Energiezustand des Landers so niedrig, dass die Flugleiter alles für den Schlafmodus vorbereiten, den der Lander dann um 1.36 Uhr aktivierte. An seinem endgültigen Landeplatz steht er oftmals im Schatten und seine Solarzellen können auf absehbare Zeit nicht genug Energie für weitere Messungen erzeugen.
Abb.: Dieses Mosaik besteht aus vier OSIRIS-Aufnahmen aus einem Abstand von gut 15 km zur Oberfläche von 67P. Darauf ist Philae im Anflug auf die Landestelle zu erkennen, den Punkt des ersten Touchdowns und den Weiterflug. Die Insets haben eine Kantenlänge von jeweils 17 Metern. ( Bild: ESA / MPS for OSIRIS Team)
„Philae ist ein voller Erfolg“, sagt Philae-Projektleiter Stephan Ulamec vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Zuletzt stand Philae mit seinem Kontrollraum im DLR Köln in Verbindung und sandte die wissenschaftlichen Daten für den Bohrer SD2 und das Instrument COSAC. Zu Beginn des Kontakts hatten die Ingenieure im Lander Control Center des DLR noch weitere Kommandos zu Philae geschickt. Und der Lander hielt sich tapfer, obwohl mehrfach die Funkverbindung zur Erde abriss: Immer wieder jubelten die Wissenschaftler der Mission, als kontinuierlich neue Daten aus dem All eintrafen.
So führte der Lander noch in der Nacht Messungen mit dem Instrument Ptolemy durch, nahm zwei Bilder mit der ROLIS-Kamera auf und durchleuchtete gemeinsam mit dem CONSERT-Instrument auf dem Orbiter Rosetta den Kometen. Außerdem gelang es dem Team im LCC, den Körper des Landers mit den Solarpaneelen um 35 Grad zu rotieren. So ist der Lander besser auf die Sonne ausgerichtet – davon erhofft sich das Kontrollraumteam, die Batterien des Landers schneller aufladen können, wenn sich der Komet schließlich zur Sonne dreht.
Philaes Ruhezustand bedeutet auch für das Team im Lander Control Center eine Ruhepause: „Nach einer sehr aufregenden und erfolgreichen Woche nimmt sich Philae jetzt die Zeit, sich auszuruhen – und auch das Team kann jetzt wieder Atem schöpfen“, sagt DLR-Ingenieur Koen Geurts. In den vergangenen Tagen hatte das LCC rund um die Uhr gearbeitet, um den Lander zu kommandieren und die Zeit der „First Science Sequence“ – der ersten wissenschaftlichen Phase – optimal zu nutzen.
Derweil versuchen die Orbiter-Teams immer noch, Philae auf Kamerabildern ausfindig zu machen. Zunächst war Philae am 12. November, als er von Rosetta abgekoppelt hatte, im Blick seiner Muttersonde. Dabei gelang dem Kamerasystem OSIRIS eine atemberaubende Sequenz von Aufnahmen, die Philae beim Flug dicht über der Oberfläche des Kometen 67P/Churyumov-Gerasimenko zeigen. Auf einem Bild sind sogar die Spuren der Landung zu sehen.
„Die Bildsequenz war zwar geplant, aber wir waren trotzdem überglücklich, den Lander so schön zu sehen“, sagt Holger Sierks vom Göttinger MPI für Sonnensystemforschung, der Leiter des OSIRIS-Teams. Das jetzt veröffentlichte Mosaik zeigt Philae zu unterschiedlichen Zeitpunkten: um 16.14, 16.19. 16.23 und 16.43 Uhr Mitteleuropäischer Zeit (die Angaben auf dem Foto beziehen sich auf Weltzeit).
Während OSIRIS diese Bilder aufnahm, befand sich Rosetta in einem Abstand von gut 15 Kilometern zur Oberfläche. „Wie hoch Philae zum Zeitpunkt der Aufnahmen jeweils über dem Kern schwebte, können wir aus den Bilddaten aber nicht ableiten“, sagt Sierks. Die Detailauflösung beträgt 28 Zentimeter pro Pixel, die quadratischen Insets auf der Aufnahme haben eine Kantenlänge von 17 Metern.
Besonders interessant erscheint das Foto der Landestelle um 16.43 Uhr MEZ. Im Vergleich zu der Aufnahme um 16.18 Uhr ist deutlich eine Veränderung der Oberflächenstruktur zu sehen. Tatsächlich hat Philae um 16.34 Uhr den Kometen zum ersten Mal berührt. Abdrücke der Landebeine? „Kann gut sein“, sagt Holger Sierks. „Unterschiedliche Lichtbedingungen können aber auch täuschen.“
Das letzte Teilbild des Mosaiks zeigt den Lander um 16.43 Uhr nahe einem Felsen. Den zweiten Touchdown oder gar die endgültige Position des schlafenden Philae haben Sierks und seine Kollegen bisher nicht gefunden. „Wir suchen mit Hochdruck. Es gibt durchaus Kandidaten, die im OSIRIS Team diskutiert werden“, sagt er. Ihm zufolge wäre es wichtig, dass Rosetta in den nächsten Tagen wieder auf unter 20 Kilometer Abstand an 67P/Churyumov-Gerasimenko heranmanövriert würde; derzeit ist die Sonde mit der OSIRIS-Kamera etwa 40 Kilometer entfernt.
Für Rosetta selbst beginnt nun die wissenschaftliche Missionsphase. Bis Ende Dezember 2015 soll sie weiterhin den Kometen aus der Nähe erkunden. Doch schon jetzt denken die Wissenschaftler darüber nach, die Mission um neun Monate zu verlängern. Im August 2015 wird sich der Schweifstern der Sonne bis auf 186 Millionen Kilometer angenähert haben, dem 1,24-fachen des Erdabstands zur Sonne. Bis zum Jahresende 2015 hat er sich dann wieder bis auf 300 Millionen Kilometer von ihr entfernt.
„Es wäre ideal, wenn wir den Kometen noch weiter begleiten könnten, bis zu einem Sonnenabstand von 600 Millionen Kilometer“, sagt Sierks. Während Tschurjumow-Gerasimenko dann allmählich wieder in die Kältestarre fällt, ließen sich weitere Erkenntnisse über Veränderungen seiner Oberfläche gewinnen.
DLR / MPG / OD