04.02.2014

Muster aus Ladung

Wie erstaunlich einfach aus inhomogen geladenen Partikeln Strukturen entstehen.

Winzige Nanostrukturen zu erzeugen hat sich als extrem schwierig herausgestellt – doch was geschieht, wenn sich kleine Teilchen ganz von selbst zur gewünschten Struktur zusammenbauen? An der Technischen Universität Wien untersuchten nun Forscher das Phänomen einer derartigen Selbstorganisation anhand von Partikeln, deren Oberfläche eine ungleichmäßig verteilte elektrische Ladung trug. Abhängig von verschiedenen externen Parametern können diese Partikel ungeordnete, gelartige oder kristallähnliche Strukturen bilden. Für die Nanotechnologie sind solche, von außen induzierte Selbstorganisations-Effekte ganz entscheidend.

Abb.: Unregelmäßigere Strukturen, mit unterschiedlich großen, ineinander verwobenen Ringen. (Bild: TU Wien)


Die Partikel, die Emanuela Bianchi im Team von Gerhard Kahl vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien und in Zusammenarbeit mit Christos N. Likos von der Universität Wien in ihren Computersimulationen analysiert, sind höchstens einige Mikrometer groß, vergleichbar mit Viren oder kleinen Bakterien. Besonders interessant sind solche Nano-Partikel, wenn sie an ihrer Oberfläche verschiedene Regionen mit unterschiedlichen Wechselwirkungseigenschaften aufweisen.

Der Großteil des Partikels in den Experimenten war negativ geladen, an den Polen oben und unten waren allerdings Bereiche mit positiver Ladung zu finden. „Nachdem die Pol-Bereiche alle gleich geladen sind, stoßen sie einander ab“, sagt Emanuela Bianchi. „Bringt man zwei solche Teilchen in Kontakt, dann richten sie sich so aus, dass der Pol des einen Partikels genau zum Äquator des anderen Partikels zeigt.“ Wenn allerdings viele solche Partikel miteinander wechselwirken, wird die Sache komplizierter.

Abb.: Regelmäßige Strukturen, wie in einem Kristall. (Bild: TU Wien)

In Computersimulationen untersuchten die Wissenschaftler, wie sich die Teilchen verhielten, wenn man sie zwischen zwei horizontalen Platten einsperrte, sodass sie dazwischen eine quasi zwei-dimensionale Struktur bilden konnten. Die Simulationsergebnisse zeigen, dass ganz unterschiedliche Konfigurationen möglich sind: Manchmal fügten sich die Teilchen in sauber geordneten Flächenstücken zusammen und ergaben eine dichte, hexagonal gepackte Struktur, die man auch von Kristallen kennt. Manchmal hingegen entstanden ungeordnete, gelartige Strukturen, die aneinanderhängende Ringe aus fünf oder sechs Teilchen bildeten.

„Mit unserem Modell lässt sich untersuchen, wie die entstehenden Strukturen von den externen Parametern abhängen“, sagt Emanuela Bianchi. Ganz entscheidend sei dabei die Größe der positiv geladenen Polarregion der Partikel: Kügelchen, bei denen die Grenze zwischen negativer und positiver Ladung am 45. Breitengrad verlief, ergaben deutlich besser geordnete planare Strukturen als solche, bei denen diese Grenze näher am Pol, beim 60. Breitengrad lag. Beeinflussen konnten die Forscher das Ergebnis der Selbstorganisation auch dadurch, dass sie die Bodenplatte, auf der die Teilchen zum Liegen kamen, elektrisch aufluden – ein Eingriff, der sich im Experiment ganz leicht umsetzen ließ.

Wenn man die Selbstorganisation von Mikropartikeln versteht, kann man die Teilchen so synthetisieren, dass sie sich in maßgeschneiderten makroskopische Strukturen selbstorganisieren. Je nach mikroskopischer Anordnung der Teilchen hat die aus ihnen entstehende Fläche eine unterschiedliche Dichte und reagiert somit unterschiedlich auf externe Einflüsse (wie etwa elektromagnetische Felder). Mit selbstorganisierenden Strukturen könnte man also beispielsweise Filter mit einstellbarer Porosität herstellen. „Gerade für biomedizinische Anwendungen gibt es hier viele Anwendungsmöglichkeiten“, sagt Emanuela Bianchi.

TU Wien / PH

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