01.12.2016

Nachweis der Vakuumdoppelbrechung

Effekt in Gegenwart enorm starker Magnetfelder um Neutronensterne nachgewiesen.

Ein Team unter der Leitung von Roberto Mignani vom INAF in Mailand in Italien und der Uni­versität Zielona Gora in Polen haben mit dem Very Large Tele­scope VLT am Paranal-Obser­vatorium in Chile den Neutronen­stern RXJ1856.5-3754 beobachtet, der etwa 400 Lichtjahre von der Erde entfernt ist. Zwar zählt RXJ1856.5-3754 zu den Neutronen­sternen, die uns am nächsten sind, jedoch kann er aufgrund seiner geringen Leuchtkraft nur schwer im sicht­baren Licht beobachtet werden. Deshalb mussten Astro­nomen mit dem FORS2-Instrument am VLT bis an die Grenzen dessen gehen, was mit der­zeitigen Techno­logien möglich ist.

Abb.: Polarisation des Lichts, das von einem Neutronenstern emittiert wird. (Bild: ESO / L. Calçada)

Neutronen­sterne sind die sehr dichten Überreste der Kerne masse­reicher Sterne, die am Ende ihres Lebens als Supernovae explodiert sind. Massereich bedeutet hierbei, dass der Stern vorher 10 mal massereicher als unsere Sonne war. Die verbliebenen Neutronen­sterne weisen sehr starke Magnet­felder auf, die milliarden­fach stärker sind als das unserer Sonne und die äußere Oberfläche und Umgebung des Sterns durch­dringen.

Diese Felder sind so stark, dass sie sogar die Eigen­schaften des leeren Raums um den Stern beein­flussen. Normaler­weise wird ein Vakuum als völlig leer angesehen, so dass sich das Licht, das es durchdringt, nicht verändern kann. In der Quanten­elektro­dynamik (QED) ist der Raum jedoch voller vir­tueller Teilchen, die ständig entstehen und wieder verschwinden. Sehr starke magne­tische Felder können daher den Raum so verändern, dass er die Polarisation des durch ihn hindurch­tretendes Lichts beeinflusst. Mignani erläutert: „Gemäß der QED verhält sich ein hochmagne­tisiertes Vakuum für die Ausbreitung des Lichts wie ein Prisma, ein Effekt, der als Vakuum­doppel­brechung bekannt ist.“

Unter den vielen Vorher­sagen der QED fehlte der Vakuum­doppel­brechung bisher jedoch ein direkter experi­menteller Nachweis. Seit seiner Vorher­sage von Werner Heisenberg und Hans Heinrich Euler vor 80 Jahren sind bisher alle Versuche gescheitert, den Effekt im Labor nachzu­weisen. „Dieser Effekt kann nur in Gegenwart enorm starker Magnet­felder nachgewiesen werden, wie sie etwa um Neutronen­sterne zu finden sind. Das zeigt einmal mehr, dass Neutronen­sterne für die Erforschung der grund­legenden Natur­gesetze von unschätz­barem Wert sind“, erläutert Roberto Turolla von der Univer­sität Padua in Italien.

Nach gründ­lichter Auswertung der VLT-Daten konnten Mignani und sein Team lineare Pola­risation nachweisen – in einem signi­fikanten Ausmaß von rund 16 Prozent – von der sie davon ausgehen, dass sie aufgrund des Verstärkungs­effektes der Vakuum­doppel­brechung im Bereich des leeren Raums um RXJ1856.5-3754 auftritt. Vincenzo Testa vom INAF im ita­lienischen Rom äußert sich dazu: „Hierbei handelt es sich um das licht­schwächste Objekt, bei dem Polari­sation je gemessen wurde. Es erforderte eines der größten und leistungs­stärksten Teleskope der Welt, das VLT, sowie präzise Daten­auswertungs­techniken, um das Signal eines solch licht­schwachen Sterns messen zu können.“

„Unsere Modelle können die hohe lineare Polari­sation, die wir mit dem VLT gemessen haben, nur schwer erklären, wenn die durch die QED prognos­tizierten vakuum­doppel­brechenden Effekte nicht berück­sichtigt werden“, ergänzt Mignani. „Diese VLT-Beobach­tungen unterstützen erstmals die Vorher­sagen dieser Art von QED-Effekten, die sich in extrem starken Magnet­feldern ergeben“, fügt Silvia Zane vom UCL/MSSL in Groß­britannien hinzu.

Mignani ist begeistert angesichts der weiteren Fortschritte, die mit moderneren Tele­skoren auf diesem Gebiet erreicht werden könnten: „Pola­risations­messungen mit der nächsten Generation an Tele­skopen, wie dem European Extremly Large Telescope der ESO, könnten eine ent­scheidende Rolle dabei spielen, die Effekte der Vakuum­doppel­brechung, die von der QED vorher­gesagt werden, an vielen weiteren Neutronen­sternen zu untersuchen.“ „Diese Messung, die nun zum ersten Mal mit sichtbaren Licht gemacht wurde, ebnet auch den Weg zu ähnlichen Messungen, die im Wellen­längen­bereich der Röntgen­strahlung durchgeführt werden sollen“, schließt Kinwah Wu vom UCL/MSSL in Groß­britannien.

ESO / JOL

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