03.08.2010

Nano-Röhrchen als Spinfilter

Die Durchflußrichtung spinpolarisierter Elektronen in Nano-Röhrchen aus Graphen kann durch ein Magnetfeld gezielt kontrolliert werden.


Die Durchflußrichtung spinpolarisierter Elektronen in Nano-Röhrchen aus Graphen kann durch ein Magnetfeld gezielt kontrolliert werden.

Setzt man geeignete Nano-Röhrchen aus Kohlenstoff einem hohen Magnetfeld aus, so lassen sie bei einem bestimmten Wert nur Elektronen mit einer Spinrichtung durchfließen. Wissenschaftler von Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) und den Universitäten Regensburg und Delft fanden nun heraus, dass, wenn man das das Magnetfeld weiter erhöht, nur Elektronen mit der anderen Spinrichtung durchgelassen werden.

Abb.: Auf der elektronenmikroskopischen Aufnahme sieht man einen dünnen Strich in der Mitte von oben nach unten durchlaufen. Das ist ein einzelnes Nano-Röhrchen aus Kohlenstoff. Die anderen sichtbaren Strukturen sind die Palladium-Kontakte. (Bild: Universität Regensburg)

Die untersuchten Nano-Röhren bestehen aus aufgerolltem Graphen, eine genau eine Atomlage starke Schicht aus Graphit. Abhängig davon, wie das Graphen-Blatt zu einem Röhrchen aufgewickelt ist – gerade oder schief –, erhält man einen isolierenden Halbleiter oder ein leitfähiges Metall. Sowohl diese elektrischen als auch die mechanischen Eigenschaften der Röhren lassen sie für neue Technologien wie die Nano-Elektronik als besonders geeignet erscheinen. Bei Festigkeiten, die die von Stahl um ein Vielfaches übertrifft, können die Röhren hohe Ströme transportieren und die dabei entstehende Wärme hervorragend abführen.

Die Regensburger Wissenschaftler stellten verschiedenartige Nano-Röhren mit Durchmessern von rund eineinhalb Nanometern und Längen von einigen 10 Mikrometern her. Die Röhrchen mussten zudem elektrisch kontaktiert werden, um die elektronischen Eigenschaften in hohen Magnetfeldern untersuchen zu können. Die Experimente selbst fanden im Hochfeld-Magnetlabor Dresden des FZD statt.

Bei den winzigen Dimensionen der Nano-Röhren aus Kohlenstoff versagt die klassische Beschreibung und die Elektronen gehorchen quantenmechanischen Gesetzen. Die Elektronen können sich nur in ganz bestimmten Bahnen mit festgelegten Energien in den Röhren bewegen. Das Magnetfeld verschiebt nun die energetische Lage der Bahnen, sodass ein metallisches Nano-Röhrchen zum Isolator wird. Eine besondere Überraschung boten leitfähige, schräg aufgewickelte Nano-Röhrchen, denn dort ist die Bahn der Elektronen gekoppelt mit dem Spin. Das ist eine Art Drehung um die eigene Achse, die ein magnetisches Moment erzeugt. Der Spin der Elektronen kann genau zwei Richtungen bzw. Zustände einnehmen, weist also eine Schalt-Eigenschaft auf, die einen Einsatz für neuartige Speichertechnologien nahelegt. Dies will sich die so genannte Spintronik zunutze machen will, stößt aber auf ein grundlegendes Problem: es fehlt bisher ein Bauelement, mit dem die Elektronenspins beliebig polarisiert werden können, mit dem also die Richtung der Spins nach Wunsch eingestellt werden kann.

Den Wissenschaftlern aus Dresden, Regensburg und Delft gelang es nun, abhängig vom Magnetfeld alle Spins erst in die eine, dann in die andere Richtung zu schalten. Damit existiert erstmals eine verlässliche Methode, um in einem für die Nano-Elektronik geeigneten Material den Spin wunschgemäß einzustellen. Das schräg aufgerollte Nano-Röhrchen aus Kohlenstoff jedenfalls war bei drei und elf Tesla (Tesla ist ein Maß für die Magnetfeld-Stärke) jeweils anders spinpolarisiert, d. h. bei drei Tesla zeigten alle Spins in die eine, bei elf in die andere Richtung. Allerdings funktioniert der neue Spinfilter derzeit nur bei tiefen Temperaturen von wenigen Grad über dem absoluten Temperatur-Nullpunkt. Dieses Ergebnis ist umso erstaunlicher, als bisher davon ausgegangen wurde, dass die Kopplung der Elektronenspins an die Bahnbewegung bei Kohlenstoff-Nanoröhren kaum eine Bedeutung habe.

Kohlenstoff-Nanoröhren jedenfalls, so scheint es, steht eine bedeutende Zukunft bevor, was den Einsatz in unterschiedlichen technologischen Feldern anbelangt. Ein Feld, so legen die aktuellen Ergebnisse der Experimente im Hochfeld-Magnetlabor Dresden des FZD nahe, könnte die Spintronik sein, und zwar wenn es gelänge, Nano-Bauteile oder -Transistoren aus Kohlenstoff-Röhrchen herzustellen, die in Schaltkreisen zuverlässig funktionierten.

Forschungszentrum Dresden - Rossendorf e.V./AL

Weitere Infos:

  • S.H. Jhang, M. Marganska, Y. Skourski, D. Preusche, B. Witkamp, M. Grifoni, H. an der Zant, J. Wosnitza, C. Strunk: Spin-orbit interaction in chiral carbon nanotubes probed in pulsed magnetic fields. Phys. Rev. B 82, 041404(R) (2010)
  • dx.doi.org/10.1103/PhysRevB.82.041404

  • Forschungszentrum Dresden-Rossendorf:
    www.fzd.de
  • Universität Regensburg:
    www.uni-regensburg.de

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