Damit eine Maschine Arbeit verrichten kann, benötigt sie gegeneinander bewegliche Teile. Bei Nanomaschinen ist das nicht anders. Ein Forscherteam aus Bonn hat jetzt ein Nanobauelement aus DNA-Molekülen konstruiert, das eine lineare Bewegung zweier Einzelteile gegeneinander ermöglicht. Es könnte als molekulares Führungslager Verwendung finden und Ausgangspunkt für komplexere Systeme sein. DNA ist ein ausgezeichnetes Baumaterial für die Nano-Welt: Sie bildet ein sehr stabiles Grundgerüst und an jeder beliebigen Stelle lässt sich einer der Stränge herausnehmen und als Anknüpfungspunkt für weitere Bauteile verwenden. Auch die Anknüpfung funktioneller Gruppen ist kein Problem. Auf diese Weise lassen sich komplexe Systeme aus DNA-Molekülen konstruieren.
Abb.: Blümchenketten-Rotaxan. (Bild: Wiley-VCH)
Zur Herstellung ihrer beweglichen Bauteile wählte das Team um Michael Famulok von der Uni Bonn das Bauprinzip der Rotaxane. Dabei handelt es sich um eine Molekülklasse, bei denen ein oder mehrere molekulare Ringe auf eine Achse aufgefädelt sind, auf der sie sich frei bewegen können, wobei das Abfädeln durch Stopper verhindert wird. Sind die DNA-Ringe selbst fest an ein Ende der Achse gebunden, so lässt sich der Ring eines Moleküls auf die Achse eines anderen auffädeln und umgekehrt. Die Stopper bestehen in diesem Fall aus je zwei miteinander verschränkten DNA-Ringen mit kugelähnlicher Gestalt. Nach Anbringen der Stopper an den freien Enden der Achsen erhielten die Forscher zwei miteinander verwobene hantelförmige Strukturen, die entlang der Achsen frei beweglich sind, sodass die beiden Hanteln linear gegeneinander verschoben werden können. Ein ähnliches Prinzip des Auffädelns kennt man vom Knüpfen von Ketten aus Gänseblümchen, daher heißen diese speziellen Moleküle auch Blümchenketten-Rotaxane.
Famulok und seine Kollegen greifen für das Auffädeln auf das Prinzip der spezifischen Basenpaarung zurück: Sie lassen in der Mitte der Achsen sowie an einer seitlichen Stelle des Rings je eine kleine Lücke aus einzelsträngiger DNA. Deren Sequenzen sind komplementär zueinander. Kommen die einzelsträngigen Bereiche von Ring und Achse miteinander in Kontakt, binden sie aneinander und kleben dabei jeweils Ring und Achse zweier Moleküle wechselseitig aneinander. Werden nun kurze DNA-Einzelstränge zugegeben, die komplementär zu diesen Bereichen sind, trennen diese die Klebestelle zwischen Achse und Ring, wobei der Ring auf die Achse rutschen kann. So entsteht ein bewegliches Bauteil, das als molekulares Gleitlager oder Kraftüberträger für Nanomaschinen dienen könnte. Weitere nanoskopische Maschinenteile sollen folgen, die Forscher können sich einen ganzen Satz neuartiger Bausteine auf der Basis mechanisch verbundener doppelsträngiger DNA vorstellen.
Ang. Ch. / RK