19.09.2013

Nanokoppler für Mikrowellen und Photonen

Optomechanischer Piezokristall überträgt Mikrowellensignale kohärent auf Licht.

Es gibt optomechanische Systeme, die Lichtwellen kohärent mit mechanischen Schwingungen koppeln, in vielen Ausführungen und Größen. Sie reichen von makroskopischen Resonator­spiegeln in Gravitations­wellen­detektoren, über mikrosko­pische Membranen, bis hin zu Nanobalken aus photonischen Kristallen. Durch Kopplung von Photonen und Phononen lässt sich der quanten­mechanische Schwingungs­zustand dieser Systeme optisch kontrollieren und unterschiedliche Photonen „mechanisch“ in einander umwandeln. Forscher in Santa Barbara haben jetzt eine elektro-opto­mechanische Schnitt­stelle für optische Photonen und Mikrowellen­signalen entwickelt.

Abb.: Der piezoelektrische optomechanische Kristall (blau) wird über Elektroden durch Mikrowellen zu mechanischen Schwingungen angeregt, die mit optischen Schwingungen im Kristall koppeln. Diese werden dann in einem photonischen Schaltkreis mit einem Laser über eine Glasfaser abgefragt. (Bild: J. Bochmann et al. / NPG)

Wenn es um die Kopplung von mechanischen Schwingungen, Mikrowellen und supra­leitenden Quantenbits geht, haben Andrew Cleland und seine Kollegen von der UC Santa Barbara ihre Finger im Spiel. Vor drei Jahren hatten sie den Zustand eines supra­leitenden Quanten­bits mit Mikrowellen auf einen piezo­­elektri­schen Resonator übertragen, der daraufhin ein Phonon enthielt. Den blatt­förmigen Resonator haben die Forscher jetzt durch einen piezo­elektri­schen Nano­balken ersetzt, der zugleich ein photonischer Kristall ist. Diesen mechanisch und elektro­magnetisch schwingenden Balken haben sie an einen photonischen Schalt­kreis gekoppelt. Dadurch wurde es möglich, Mikro­wellen­signale kohärent in IR-Photonen umzuwandeln.

Der zirka 100 µm lange und 1 µm breite Nanobalken bestand aus piezo­elektrischem Aluminium­nitrid und war nur an seinen Enden befestigt, sodass er frei schwingen konnte. In Längs­richtung war er mit Löchern im Abstand von etwa 500 nm versehen, was ihm besondere optomechanische Eigen­schaften gab: Er konnte u. a. eine stark lokalisierte mechanische Schwingung bei 4,2 GHz und eine mit ihr gekoppelte lokalisierte optische Mode bei 196 THz tragen. An einem Ende war der Balken an der Ober- und der Unter­seite mit zwei Elektroden versehen, auf die eine konstante elektrische Spannung oder ein Mikro­wellen­signal gegeben werden konnte. Mit der Spannung ließ sich der Balken justieren, während ihn die Mikro­welle mit einer Frequenz von rund 4 GHz piezo­elektrisch in mechanische Schwingungen versetzte.

Die optischen Eigenschaften des Balkens fragten die Forscher dadurch ab, dass sie mit einem durch­stimm­baren Dioden­laser in eine Glasfaser­schlaufe strahlten, die sie in die unmittelbare Nähe des Balkens brachten. Das räumlich abklingende Strahlungs­feld koppelte je nach Frequenz mehr oder weniger stark an die optischen Moden im Balken, sodass die Glasfaser das Laserlicht mehr oder weniger gut leitete. So zeigte die Transmission der Glasfaser bei einer Lichtwellenlänge von 1531,5 nm ein scharfes Minimum, da hier eine Resonanz auftrat und die lokalisierte optische Mode des Balkens bei 196 THz der Glasfaser Licht entzog.

Sodann brachten die Forscher den Balken mit Mikrowellen zum Schwingen. Sie regten mit Mikrowellenfrequenzen zwischen 40 und 170 MHz sowie bei 4,24 GHz verschiedene Schwingungsmoden an, die die lokalisierte optische Mode des Balkens durch optomechanische Kopplung beeinflussten und dadurch auf die Laserstrahlung in der Glasfaser wirkten. Daraufhin traten um die Laserfrequenz optische Seitenbänder auf, deren Abstand von der Laserfrequenz der Mikrowellenfrequenz entsprach. Die Mikrowellen waren somit in mechanische Schwingungen und diese wiederum in Lichtschwingungen umgewandelt worden.

Abb.: Die Mikrowellenphotonen wandeln sich in Phononen und diese in optische Photonen um. Dadurch treten um die Laserfrequenz ωopt Seitenbänder auf, verschoben um die Mikrowellenfrequenz ωm. (Bild: J. Bochmann et al. / NPG)

Soll der Quantenzustand des Mikrowellenfeldes durch mechanische Schwingungen auf das Lichtfeld übertragen werden, so muss sowohl die Amplitude als auch die Phase getreu übermittelt werden. Dass die Licht­schwingungen mit den Mikrowellen tatsächlich in Phase waren, wiesen die Forscher durch Homodyn-Tomographie nach. Dabei änderten sie systematisch die Phase und verringerten die Zahl der bei 4,24 GHz im Mittel durch die Mikro­wellen angeregten Phononen auf 100, dann auf 7 und schließlich auf 1. Wie die Mess­ergebnisse zeigten, waren die Mikrowellenphotonen tatsächlich kohärent in Phononen und diese ebenfalls kohärent in optische Photonen umgewandelt worden.

Die kohärente Wechselwirkung von Phononen und Photonen lag auch der von den Forschern beobachteten optomechanisch induzierten Transparenz zugrunde. Dazu regten sie den Balken elektrisch durch eine Mikrowelle mit einer Frequenz von 4,24 GHz an und verstimmten zugleich den Laser um diese Mikro­wellen­frequenz. Der jetzt auf die Seiten­band­frequenz eingestellte Laser wurde in der Glasfaser durch destruktive Interferenz zwischen der elektromechanischen und der optischen Anregung stark abgeschwächt. Indem die Forscher die Phase der Mikro­welle um π änderten, machten sie die Interferenz konstruktiv, woraufhin die Glasfaser für den Laser­strahl durchlässig wurde.

Andrew Cleland und seine Mitarbeiter sind zuversichtlich, dass die kontrollierte und kohärente Wechsel­wirkung zwischen Mikrowellen, Phononen und Photonen neue Möglichkeiten für die Quanten­informations­verar­beitung eröffnet. So wird es möglich, supraleitende Qubits mit Mikrowellen auszulesen, deren Quanten­zustand auf Phononen zu übertragen und von diesen auf IR-Photonen weiter zu geben, die durch Glas­fasern große Distanzen überbrücken können.

Rainer Scharf

OD

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