24.09.2015

Nanoläufer im Laserblick

Winziger Stab aus Gold wandert über mit DNA präparierte Oberfläche und lässt sich dabei Schritt für Schritt verfolgen.

Nanomaschinen könnten künftig diverse Aufgaben etwa in der Medizin, in der Informationsverarbeitung, der Chemie oder der wissenschaftlichen Forschung übernehmen – so die Szenarien der Nanotechnologie. Doch Miniaturmaschinen, die Tausende mal kleiner sind als der Durchmesser eines menschlichen Haares, stellen Wissenschaftler vor enorme Schwierigkeiten: Zunächst bestehen die einzelnen Komponenten nur aus einigen Atomen. Solche Bauteile lassen sich kaum gezielt bearbeiten, geschweige denn präzise zusammensetzen. Zudem müssen die Maschinen dann irgendwie mit Energie versorgt werden, und schließlich können die Forscher nicht eben nachsehen, ob ihr Gerät auch funk­tio­niert. Die dafür nötigen Mikro­skopie­techniken sind aufwändig und erfordern zum Beispiel Vakuumkammern, in denen die Nanogeräte zerstört werden. Forscher um Laura Na Liu haben am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart nun einen Nanoläufer konstruiert, den sie mithilfe eines nano-optischen Effekts beobachten.

Abb.: Ein Goldzylinder mit DNA-Füßen kann über DNA-gespickte Hügel aus gefalteten DNA-Fäden klettern; der zweite Zylinder in Rot dient als Referenzpunkt für die Beobachtung des Nanoläufers. Bild: MPIfIS)

Der Körper des Nanoläufers besteht aus einem 35 Nanometer langen und zehn Nanometer dicken Goldzylinder. „Die Oberfläche des Zylinders ist mit vielen identischen DNA-Strängen gespickt, die quasi als Füße dienen“, erklärt Projekt­leiterin Liu. Die DNA-Stränge stehen dabei wie die Borsten einer Flaschen­bürste von dem Gold­zylinder ab. „Durch sie kann der Gold­zylinder Kon­takt zum Unter­grund herstellen und sich fortbewegen.“

Der Laufsteg für den Gold­zylinder besteht ebenfalls aus DNA, sogenannter DNA-Origami. Aus diesen gefalteten DNA-Fäden ragen kurze Stränge wie die Fasern eines Teppichs in Längsreihen senkrecht empor. Diese stehen parallel zum Zylinder und dienen als Halterungen für die Füßchen des Läufers. Die Basenkombination unterscheidet sich im DNA-Teppich von Reihe zu Reihe. Jede Reihe entspricht einer Station. Zunächst ist der Läufer mit zwei Reihen verbunden, die Halterungen der anderen Reihen sind für seine Füße blockiert.

„Rollend bewegt der Läufer sich vorwärts, von Station zu Station“, so Liu. Damit er das macht, müssen die Forscher der Flüssigkeit, in welcher der Lauf stattfindet, ständig kurze, auf die DNA der einzelnen Reihen abgestimmte DNA-Schnipsel zufügen. Diese brechen dann zunächst eine Reihe von Verbindungen zwischen den Füßchen des Läufers und der DNA des Unter­grunds auf und blockieren die Halterungen dieser Station. Auf der gegen­über­liegen­den Seite des Läufers wird wiederum eine bis dahin blockierte Reihe freigegeben – und die Füßchen des Zylinders können sich dort anheften.

Video: Walker 2D. (Quelle: MPG)

„Je nach Art der Zugabe bewegt sich der Läufer in die eine oder andere Richtung“, erläutert Liu. „Die Bewegung kommt dabei wie bei natürlichen molekularen Motoren zustande: Die Flüssigkeit rüttelt den Zylinder inklusive Füßchen durch thermische Bewegung hin und her“. Da die Füßchen immer nur auf einer Seite neu andocken, schreitet der Läufer langsam fort. Die Schritt­länge beträgt dabei sieben Nanometer, nicht einmal ein Hundert­tausend­stel der Schritt­länge einer Waldameise.

Um den Lauf des Winzlings zu verfolgen, nutzten die Forscher einen nanooptischen Effekt namens Plasmonenresonanz. „Strahlt man spezielles Licht auf den Nano­zylinder, kann dieses mit den Plasmonen im Gold wechselwirken“, erklärt Liu. „Dabei wird das Licht teilweise absorbiert – man spricht dann von Plas­monen­resonanz.“ Indem die Forscher den Lichtstrahl analysieren, können sie dieses Phänomen messen.

Um aber auch festzustellen, wo genau sich der Zylinder befindet, musste das Team noch einen zweiten, unbeweglichen Nano-Goldzylinder an der Unterseite des DNA-Origamis anbringen. Dieser dient, vereinfacht gesagt, als Re­fe­renz­punkt. Gemeinsam bewirken die beiden Zylinder nämlich eine Änderung der zirkularen Polarisation des Lichtstrahls. Wie sich die zirkulare Polarisation bei der Plasmonenresonanz ändert, verrät den Forschern die Position des Läufers.

„Auf diesem Weg konnten wir jeden einzelnen Schritt nachvollziehen. Deshalb ist der Läufer nicht nur ein bewegliches Element, sondern gibt gleichzeitig auch Auskunft über seinen Standort“, so Liu. Eine aufwändige Mikroskopie-Technik, um den plasmonischen Läufer zu beobachten, war nicht mehr notwendig. Liu sieht in ihm einen Vorreiter einer „neuen Generation von Nanomaschinen mit maßgeschneiderten optischen Eigenschaften“. Mit diesem Werkzeug will die Forscherin nun sowohl die Wechselwirkung von Licht und Materie im ganz Kleinen als auch das mechanische Verhalten von Nanoteilchen weiter er­for­schen. Denn damit der Gold-Läufer tatsächlich irgendwann sein Ziel erreicht und diverse Aufgaben erledigt, muss er nicht nur auf DNA-Origami noch einige Schritte nach vorne machen.

MPG / PH

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