13.10.2015

Nanomotor mit Rückwärtsgang

Richtung der Rotation molekularer Motoren lässt sich auch für achirale Molekülgruppen festlegen.

Von der Natur abgeschaut entstehen in Laboren weltweit winzige Motoren aus organischen Makromolekülen. Einzelne Gruppen dieser Moleküle lassen sich mit Lichtwellen oder chemischen Substanzen über Isomerisierung in Rotation versetzen. Diese Bewegungen bilden die Grundlage für zukünftige Nanomaschinen. Doch die Drehrichtung dieser molekularen Motoren wird bisher allein von der Händigkeit oder Chiralität der Moleküle vorgegeben. Nun suchte eine niederländische Arbeitsgruppe an der Universität Groningen nach Molekül-Motoren, deren Drehrichtung sich auch ohne Moleküle mit einer chiralen Vorzugsrichtung kontrollieren lässt.

Abb.: Gangschaltung für Motormoleküle: Die Drehrichtung von achiralen Rotormolekülgruppen (oben + unten) lässt sich durch eine asymmetrische Molekülgruppe (Mitte), die als verknüpfende Achse fungiert, festlegen. (Bild: B. Feringa et al., Univ. Groningen)

„Unser molekularer Motor ist einzigartig, da er symmetrisch aufgebaut ist und dennoch nur in eine Richtung dreht“, sagt Ben L. Feringa vom Groninger Zentrum für Systemchemie. Dies war bisher nicht möglich, da symmetrisch aufgebaute Molekül-Motoren mit jeweils gleicher Wahrscheinlichkeit in die eine oder andere Richtung drehen. Für die Entwicklung von Nanomaschinen ist dies nicht akzeptabel, da die Drehrichtung der verwendeten Molekül-Motoren rein zufällig wäre.

Feringa und Kollegen synthetisierten über mehrere Reaktionsschritte ein symmetrisch aufgebautes Makromolekül, in dem zwei drehbare Molekülgruppen als Rotoren über eine zentrale Fluoren-Gruppe miteinander verknüpft waren. Dieser Aufbau ähnelt im Prinzip einer zentralen Achse mit zwei Rädern. Gekühlt auf bis zu minus 100 Grad Celsius konnten die Forscher mit Laserpulsen einzelne Isomerisierungen in den Rotormolekülgruppen initiieren. Durch die Umlagerung von Bindungen erfolgten Rotationsschritte von bis zu 180 Grad, die über NMR-Spektren bestätigt werden konnten.

Ungewöhnlich für symmetrisch aufgebaute, achirale Molekülgruppen war nun die eindeutige Drehrichtung der rotierenden Molekülgruppen. Von der als Achse fungierenden Molekülgruppe aus betrachtet drehte eine Gruppe mit dem Uhrzeigersinn und die andere in die entgegengesetzte Richtung. Wie bei zwei Rädern an einer Achse entsprach das einer eindeutigen Vorwärtsbewegung. Verantwortlich für diese Festlegung der Drehrichtung war die asymmetrisch aufgebaute Achsengruppe.

Dieses Grundlagenexperiment zeigt, dass sich die Drehrichtung von symmetrisch aufgebauten, achiralen Molekülgruppen durch die Struktur der verknüpfenden Achsengruppe kontrollieren ließ. „Dieser neue Nanomotor demonstriert eine hervorragende Kontrolle der Bewegung auf der Nanoskala“, sagt Feringa. Darin sieht er nun die Grundlage, um in Zukunft komplexere Nanomaschinen entwickeln zu können.

Jan Oliver Löfken

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