07.09.2021

Nanosatellit als Kommunikationspionier

Datenübertragung per Q- und W-Band im niedrigen Erdorbit getestet.

Im Juni begann der Nanosatellit „W-Cube“ seine Reise an Bord einer Falcon-9-Rakete von Cape Canaveral zum polaren Orbit. Dort wurde er rund einen Monat später in seine Umlaufbahn in 500 Kilometer Höhe gebracht und sendet nun seit August erfolgreich Testsignale im Q- und W-Band zur Erde. Dabei sammelt er wichtige Daten für die Erschließung neuer Frequenzbereiche für zukünftige Satellitenkommunikationssysteme. Der Nanosatellit wurde im Rahmen des Verbundprojekts „ARTES“ gebaut. Das Sendermodul des Satelliten sowie das Empfängermodul der korrespondierenden Bodenstation wurden vom Fraunhofer IAF entwickelt.

 

Abb.: Der Nanosatellit W-Cube sendet in 500 Kilometer Höhe Test­signale im Q-...
Abb.: Der Nanosatellit W-Cube sendet in 500 Kilometer Höhe Test­signale im Q- und W-Band (37,5 und 75 GHz), um neue Frequenzen für zukünftige Daten­übertragungen zu erschließen. (Bild: Fh.-IAF)

Der Kapazitätsbedarf zur Datenübertragung steigt zunehmend an. Weltweit wird an neuen Datenhighways für den digitalen Konsum geforscht, denn die gängigen Frequenzen sind schon heute knapp. Um in Zukunft neue, leistungs­starke Satelliten ans Internet anzubinden, arbeiten mehrere europäische Partner im Projekt „ARTES – Advanced Technology CubeSat-based W-band channel measurements“ zusammen, um bislang ungenutzte Frequenzen im Q und W Band (37,5 und 75 GHz) zu testen. Bei dem Projekt handelt es sich um die weltweit erste „Low Earth Orbit (LEO) Mission“ in diesem Frequenz­bereich.

Bevor der Satellit seine Reise antreten konnte, musste in der ersten Hälfte des Projekts die Hardware entwickelt und aufgebaut werden. Dabei sind die Sendermodule und extrem rauscharmen Empfänger­module Kernkomponenten, die vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF entwickelt wurden. Mit dem Start des Nanosatelliten beginnt nun eine zweijährige Messkampagne, bei der Testsignale routinemäßig am Boden empfangen und verarbeitet werden.

Um in Zukunft neue Frequenzbänder für die Satelliten­kommunikation nutzen zu können, bedarf es Messkampagnen, welche die spezifischen atmosphärischen Kanal­ausbreitungen charakterisieren. „Nicht jeder Frequenz­bereich eignet sich für alle Übertragungen. Deswegen ist es wichtig, dass wir uns die Auswirkungen des Wetters auf die Frequenzen genau anschauen“, erläutert der Projektkoordinator Michael Schmidt von Joanneum Research.

Auf seiner Testmission umkreist der Nanosatellit die Erde im erdnahen Orbit (LEO). Damit unterscheidet er sich zwar von zukünftigen operationellen Satelliten, die das W-Band in einer geostationären Umlaufbahn (GEO) nutzen werden, jedoch erlaubt die Nähe zur Erde bei der Messung entscheidende Zeitvorteile und der Einfluss durch Wetterlagen ändert sich kaum. Basierend auf den Messdaten wird ein statistisches Modell, das die Planung und Dimensionierung zukünftiger Satelliten­strecken in diesem Frequenz­bereich ermöglichen soll, entwickelt.

Für präzise und aufschlussreiche Messungen der Kanalausbreitung zwischen Orbit und Erde ist hochempfindliche und extrem rauscharme Elektronik nötig. Das Fraunhofer IAF besitzt umfangreiche Expertise in diesem Forschungs­bereich und hat im Zuge des Projekts sowohl für den Satelliten selbst als auch für die Bodenstation Hochfrequenz-Frontends entwickelt. Die HF-Komponenten bestehen aus Frequenz­vervielfachern sowie Treiber- und Leistungs­verstärker für die beiden Frequenzbänder Q- und W-Band.

„Neben der Empfindlichkeit des Empfängers bestand eine der größten Herausforderungen in Bezug auf die HF-Hardware darin, ein Sendemodul mit ausreichender Ausgangsleistung bis zum W-Band zu entwickeln, um ein optimales Signal-Rausch-Verhältnis (SNR) auch unter nicht idealen atmosphärischen Bedingungen zu gewährleisten“, erklärt Markus Rösch, Projektleiter seitens des Fraunhofer IAF. Dem Team um Rösch ist es gelungen, durch den Einsatz der instituts­eigenen Technologie Sendermodule mit der nötigen Leistung zu entwerfen. Diese wurden in Split-Block-Gehäusen aufgebaut, ebenso wie die Frequenzvervielfacher.

Die Entwicklung von W-Cube fand im Zuge des Verbundprojekts „ARTES – Advanced Technology CubeSat-based W-band channel measurements“ statt. Das Projektkonsortium besteht aus: Joanneum Research, die das Projekt leiten, Fraunhofer IAF, LC Technologies (LCT), Millimetre Wave Laboratory of Finland (MilliLab), Reactor Space Lab Oy (RSL), der Universität Stuttgart und der Katholieke Universiteit Leuven. In den ersten zwei erfolgreich abgeschlossenen Projekt­phasen wurden der Nanosatellit und eine korrespondierende Boden­station entwickelt und aufgebaut, die nun in der dritten Projektphase Daten für die Erschließung des Q- und W-Bands aus einer erdnahen Umlaufbahn (LEO-Orbit) sammeln. Das Fraunhofer IAF hat die Hochfrequenz-Frontends für den Satelliten und die Bodenstation entwickelt, einschließlich Medium Power Amplifiers (MPAs), Low Noise Amplifiers (LNAs), Frequenz­vervielfacher und Mischer.

Das Projekt wird von der Europäischen Weltraum­organisation (ESA) gefördert und von den beteiligten Ländern Österreich, Finnland, Portugal und Deutschland finanziert. Auf deutscher Seite unterstützt das Projekt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).

Fh.-IAF / DE

 

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