Neue astronomische Megamaser entdeckt
Auch Hydroxyl und Formaldehyd können extrem starke Emission von Mikrowellen stimulieren.
Als Megamaser bezeichnen Astronomen extragalaktischer Maser mit einer Leuchtkraft, die über eine Million Mal höher ist als die galaktischer Maser. Die exotischen Strahlungsquellen haben sich zu einem wichtigen astrophysikalischen Werkzeug entwickelt. So eignen sich Wasser-Megamaser besonders gut zur Untersuchung von Akkretionsscheiben in aktiven Galaxienkernen, während OH-Maser Aufschluss über in dichte Staubwolken eingebettete Starbursts – also die explosionsartige Entstehung neuer Sterne – in ultraleuchtkräftigen Infrarot-Galaxien geben.
Abb.: Hubble-Aufnahme der 50 Millionen Lichtjahre entfernten aktiven Galaxie NGC 1068. (Bild: NASA / ESA)
Der mögliche Nutzen der Megamaser hängt von dem Molekül ab, das die Emission stimuliert. Seit der Entdeckung des ersten OH-Megamasers in der Galaxie Arp 220 im Jahr 1982 konnten die Astronomen jedoch lediglich zwei weitere Arten aufspüren: Wasser- und Formaldehyd-Megamaser. Im Gegensatz dazu kennen die Forscher in der Milchstraße auch natürliche Maser auf der Basis von Siliziumoxid und Methanol. Megamaser auf Basis dieser Moleküle würden den Astronomen weitere Möglichkeiten zur Untersuchung aktiver Galaxienkerne bieten, insbesondere mit dem neuen Atacama Large Millimeter/
Dem sind die Wissenschaftler nun einen großen Schritt näher gekommen. Junzhi Wang vom Astronomischen Observatorium Schanghai und seine Kollegen gelang es, mit dem dreißig Meter großen Millimeterwellen-Teleskop des IRAM in Spanien mit einer Signifikanz von fünf Sigma sowohl Siliziumoxid- als auch Formaldehyd-Megamaser in der Galaxie NGC 1068 nachzuweisen. Das Team stieß bei der Auswertung der bereits im Dezember 2011 durchgeführten Beobachtungen auf einen SiO-Übergang, der in der Milchstraße ausschließlich als Maser und nicht als thermische Emission vorkommt. Zudem spricht nach Ansicht der Forscher die extrem geringe Linienbreite (FWHM) von 1,5 km/s für eine stimulierte Emission.
Weniger sicher sind sich Wang und seine Kollegen bei der Formaldehyd-Strahlung: Die aufgespürten Übergänge kommen in der Milchstraße beispielsweise in der Sternentstehungsregion im Orion auch als thermische Strahlung vor. Allerdings spricht sowohl das Verhältnis der Linienstärken als auch eine geringe Linienbreite wiederum dafür, dass die Formaldehyd-Emission in NGC 1068 zumindest nicht vollständig thermisch sein kann.
NGC 1068 wäre damit die bislang einzige Galaxie, die Megamaser mehrerer Moleküle – Wasser, Siliziumoxid und Formaldehyd – beherbergt. Wang und seine Kollegen vermuten, dass die SiO-Emission aus einer Staubscheibe um das zentrale schwarze Loch der Galaxie stammt. Der Formaldehyd-Megamaser dagegen befindet sich vermutlich in der Front einer Stoßwelle, die sich vom aktiven Galaxienkern aus im interstellaren Medium ausbreitet. Wie die Forscher betonen, bieten die Megamaser die Möglichkeit, einerseits Rückkopplungseffekte in der aktiven Galaxie mit hoher Auflösung zu untersuchen und andererseits die Masse des supermassereichen schwarzen Lochs von NGC 1068 zu bestimmen. Vor solchen anspruchsvollen Anwendungen steht allerdings die unabhängige Bestätigung dieser – vom Team als vorläufig deklarierten – Entdeckungen.
Rainer Kayser
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