Neue Einblicke in turbulente Mischungen
Verformungen folgen einer klar definierten statistischen Verteilung.
Wer regelmäßig seinen Kaffee umrührt, weiß um die Vorteile turbulenten Mischens: Die Bewegung des Löffels erzeugt eine turbulente Strömung, welche die Milch enorm schnell und gleichmäßig in der Tasse verteilen kann. Turbulente Mischung ist aber auch für die Verteilung von Benzin im Motorzylinder oder von Staubpartikeln in der Atmosphäre verantwortlich. Der Gruppe um Michael Wilczek am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation und der Universität Bayreuth gelang es nun die Geometrie der turbulenten Mischung besser zu verstehen.
Landet ein Tropfen Farbe in einer Strömung von Wasser, so kann man beobachten, wie er sich zunehmend verformt und faltet. Äußerlich scheint am Ende nur noch eine Farbwolke übrig zu bleiben, in der die feinsten Strukturen nicht mehr zu erkennen sind. Was aber wäre, wenn man den Prozess der Verformung immer weiter präzise beobachten könnte? Wie die die Forschenden zeigen, ist dies in Computersimulationen turbulenter Strömungen möglich: „Unser Ziel war es, die Verformung möglichst einfacher Strukturen durch die turbulente Strömung zu untersuchen. Deshalb entschieden wir uns für kleine Ringe – die Materiallinien. Diese kleinen Rauchringe werden von der starken Turbulenz mit der Zeit verformt und nehmen schnell unfassbar komplexe Formen an“, so Theodore Drivas von der Stony Brook University bei New York. In der Tat bilden sich aus den Ringen in den Simulationen innerhalb kürzester Zeit komplexe Wollknäuel, deren Verknotung ein Abbild davon ist, wie die turbulente Mischung abgelaufen ist.
Im Zentrum der Studie ist die Charakterisierung der geometrischen Eigenschaften der komplexen Knäuel. Doktorand Lukas Bentkamp erklärt: „Als wir uns die Geometrie der Linien genauer anschauten, fiel sofort auf, dass ihre Krümmung einer klar definierten statistischen Verteilung folgte – und das, obwohl die Linien mit der Zeit immer komplizierter aussahen.“ In ihrer Studie deckten die Forscher die Mechanismen der turbulenten Verformung auf und entwickelten eine mathematische Theorie der Krümmungsstatistik von Materiallinien. „In einem statistischen Sinne konnten wir also klare Gesetzmäßigkeiten in dem turbulenten Durcheinander finden und erklären“, so Lukas Bentkamp.
Auch wenn das Umrühren der Kaffeetasse so alltäglich ist, gibt es dennoch bis heute keine allgemein anwendbare Theorie, um solch ein turbulentes Mischen quantitativ zu erfassen. Durch das Aufklären von Aspekten wie der turbulenten Verformung beim Mischen könnten zukünftig Mischungsprozesse in unserer Umwelt besser verstanden werden.
MPIDS / JOL