Neue Flügel für sparsame Flugzeuge
Aeroelastische Flügel können sich stärker verbiegen und sind bis zu zwanzig Prozent leichter.
Die Reduzierung von Gewicht gilt neben sparsameren Triebwerken und schlankeren Flügeln als wichtigster Weg, den Treibstoffverbrauch im Luftverkehr zu verringern. Bei Flugzeugflügeln ist die Möglichkeit, mit herkömmlichen Bauweisen Gewicht einzusparen, praktisch ausgeschöpft. Da Flugzeugflügel hohen Belastungen standhalten müssen, sind sie besonders stabil gebaut. Früher bestanden sie aus dem Leichtmetall Aluminium, heutzutage zu immer größeren Teilen aus Kohlefasern. Das EU-Projekt FLEXOP, in dem sich Forschungseinrichtungen aus sechs Ländern zusammengeschlossen haben, hat sich zum Ziel gesetzt, neuartige Möglichkeiten im Flügel-Design zu untersuchen. Die Forscher haben zwei unterschiedliche Varianten, die eine Gewichtsreduzierung versprechen, entworfen und zusammen mit einem Standardflügel als Modell gebaut. Um die Wirksamkeit der neuen Flügelbauweisen zu untersuchen, wurden sie nun im DLR-Institut für Aeroelastik in Göttingen in einem Standschwingungsversuch getestet. In der zweiten Jahreshälfte 2019 sollen die Flügel-Modelle in einem Flugversuch in Oberpfaffenhofen getestet werden.
Das Modell des Standardflügels besteht aus Kohlefasern und ist dem Flügel eines klassischen Verkehrsflugzeugs nachempfunden. Der erste innovative Flügelentwurf, der Flatter-Flügel, ist ein Entwurf der TU München. Dieser aus Glasfaser bestehende Flügel ist bewusst so ausgelegt, dass er in den gefährlichen Zustand des Flatterns kommen kann. Ähnlich wie eine Fahne im Wind, schaukeln sich dabei Schwingungen immer stärker auf, bis es zu einem Bruch kommt. Ein neuartiges Flugregelsystem, das am DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik in Oberpfaffenhofen entwickelt wird, soll verhindern, dass dieser kritische Zustand eintritt. Die äußeren Klappen an der Flügelhinterkante werden so gesteuert, dass sie wie Dämpfer wirken. Der Flügel kann dadurch wesentlich leichter konstruiert werden und eine höhere Streckung haben, also schlanker sein. „Die aktive Regelung vergrößert die Möglichkeiten für eine wesentlich leichtere Bauweise maßgeblich“, sagt Gertjan Looye, Koordinator für die DLR-Beteiligung am Projekt. Ein zweites Flugregelungssystem wird vom Computer and Automation Research Institute der ungarischen Akademie der Wissenschaften entwickelt. Projektleiter Bálint Vanek ergänzt: „Mit einem solchen Flügel könnten künftig zwanzig Prozent mehr Fracht transportiert oder sieben Prozent Treibstoff eingespart werden.“
Ein weiterer Flügel im Test ist der aeroelastische Flügel. Dieser wurde vom DLR- Institut für Aeroelastik zusammen mit der Universität Delft entwickelt. Er besteht zwar auch aus Kohlefasern, verfügt aber über besondere Eigenschaften. „Unter Belastung biegt sich der neue Flügel nicht nur, verdreht sich auch deutlich stärker als heutige Tragflächen“, sagt Versuchsleiter Yves Govers vom DLR-Institut für Aeroelastik. Dadurch kann der aeroelastische Flügel den größten Lasten im Flug ausweichen und ist genauso stabil wie der Standardflügel – obwohl er zwanzig Prozent leichter ist. Möglich macht dies ein speziell optimierter, unkonventioneller Lagenaufbau des Werkstoffs.
DLR / RK