28.05.2021

Neue Theorie zur Kontaktelektrifizierung

Erstmals Ladungsübertrag während einer Berührung beobachtet.

Wenn sich zwei verschiedene Stoffe berühren, kann es zu einer elektro­statischen Aufladung kommen, die sich mit einem kleinen Blitz abbaut. Diese Reibungs­elektrizität kann man nutzen, um etwa Partikel in Abgasen abzuscheiden. Sie kann aber auch ungewollt Explosionen auslösen, wenn brennbare Flüssig­keiten oder Pulver abgefüllt werden. Was bei der Kontakt­elektri­fi­zierung passiert, ist bislang nur ansatzweise verstanden. Einem Forscher­team um Rolf Möller von der Uni Duisburg-Essen ist es jetzt erstmals gelungen, den Ladungs­übertrag während der kurzen Zeit der Berührung zu beobachten.

Abb.: Rolf Möller und Andre Mölleken am Versuchs­aufbau. (Bild: A. Reichert,...
Abb.: Rolf Möller und Andre Mölleken am Versuchs­aufbau. (Bild: A. Reichert, UDE)

Jede mikroskopische Berührung zwischen Materialien führt zu einer Aufladung. Gibt es viele Kontakte, können sehr hohe elektrische Spannungen von etlichen Kilovolt entstehen. „Obwohl das schon lange bekannt ist, ist es immer noch unklar, was für geladene Teilchen das sind, die bei der Berührung übertragen werden“, erläutert Möller. „Das könnten einzelne Elektronen, Ionen oder ganze Moleküle aus mehreren Atomen sein.“ Um der Lösung näher zu kommen, müsste man exakt den Moment analysieren, in dem sich die Ladung von einem auf das andere Material überträgt. Das geschieht während der Berührung in ein paar Millionstel Sekunden oder sogar noch schneller.

Mit herkömmlichen Geräten lässt sich der Vorgang daher nicht erfassen. Also hat Möllers Arbeits­gruppe neue elektronische Ladungs­verstärker entwickelt, die sehr kleine Ladungen in Mikro­sekunden messen. Damit starteten sie ihre Versuche. „Wir haben eine Kugel mit einem Millimeter Durchmesser aus einer Höhe von ein paar Zentimetern auf eine Platte fallen lassen, sodass die Kugel wie ein Ball viele Male springt. Dabei haben wir gemessen, wie sich die Ladung bei jeder Berührung mit der Oberfläche ändert“, so Möller.

Überraschender­weise stellte das Team eine höhere Spannung fest, als es nach dem bekannten Berechnungs­modell hätte sein dürfen. „Das findet man sogar für Metalle, beispiels­weise eine Goldkugel auf einer Kupfer­platte“, betont Möller. „Genau das, nämlich die Kontakt­elektri­fi­zierung zwischen Metallen, gilt aber als einer der wenigen geklärten Prozesse im Bereich der Reibungs­elektrizität. Wir konnten nachweisen, dass die über­tragenen Ladungen, obwohl sie nicht sehr groß sind, ausreichen, um zwischen der Metallkugel und der Metallplatte eine Spannung von zehn Volt auftreten zu lassen.“

Die Geschwindigkeit, mit der die Kugel auf die Platte trifft, spielt dabei eine Rolle – fehlt jedoch im bisherigen Modell. „Wir haben daher ein neues Modell auf Basis des alten vorgeschlagen“, sagt Möller, „dieses bezieht die Deformation der Platte und der Kugel bei der Berührung mit ein.“

UDE / RK

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