06.10.2017

Neuer Baustein für Quantensimulatoren

Machbarkeit analoger Quantensimulation mit supraleitenden Schaltkreisen gezeigt.

Wirbelstürme, Verkehrs­staus, die demo­graphische Entwicklung; will man die Wirkung solcher Ereignisse vorher­sagen, leisten Computer­simulationen wichtige Dienste. Viele Prozesse in der Natur sind allerdings so kompliziert, dass her­kömmliche Computer bei der Berechnung versagen. Hier setzen Forscher große Hoffnungen in Quanten­simulatoren. Eines der grund­legendsten Natur­phänomene ist die Wechsel­wirkung zwischen Licht und Materie bei der Photo­synthese. Physiker am Karlsruher Institut für Tech­nologie KIT haben nun einen großen Schritt zum quanten­mechanischen Verständnis des Pflanzen­stoffwechsels getan.

Abb.: Quantenbits können im Gegensatz zu klassischen Bits zwei Zustände zugleich annehmen: rechts und links, gelb und blau, Null und Eins.(Bild: KIT)

„Ein Quanten­simulator ist eine Vorstufe des Quanten­computers. Im Gegensatz zu diesem ist er nicht in der Lage, beliebige Berech­nungen durch­zuführen, sondern ist für die Lösung eines bestimmten Problems konzi­piert“, sagt Jochen Brau­müller vom Physi­kalischen Institut des KIT. Da sich die hohe Wirksam­keit des Prozesses der Stoff- und Energie­umwandlung, den die Pflanzen mithilfe des Lichts voll­ziehen, mit klas­sischen physi­kalischen Theorien nicht vollständig verstehen lässt, ziehen Forscher wie Brau­müller dafür das Quanten­modell heran. Gemeinsam mit Wissen­schaftlern des Instituts für Theo­retische Festkörper­physik (TFP) hat er erstmals im Experiment gezeigt, dass Quanten­simulationen der Wechsel­wirkung zwischen Licht und Materie als Basis der Photo­synthese und damit der Grundlage unseres Lebens funk­tionieren.

Die Wechsel­wirkung zwischen Licht und Stoff bei der Photo­synthese lässt sich auf mikro­skopischer Ebene als Inter­aktion der Photonen des Lichts mit den Atomen der Materie beschreiben. Die hohe Effizienz dieses Mecha­nismus von fast einhundert Prozent legt nahe, dass dieser den Regeln der Quanten­physik unterliegt, was sich mit klas­sischen Computern und einfachen Bits nur schwer simu­lieren lässt. Denn dabei wird eine Infor­mation durch einen Schalter repräsentiert, der Infor­mationen als 0 oder 1 speichern kann. Quanten­bits hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie während der Simu­lation die Zustände 0 und 1 den quanten­physikalischen Regeln folgend gleich­zeitig annehmen können. Folglich könnten Quanten­computer oder auch die einfacheren Quanten­simulatoren das vorliegende Problem schneller und effi­zienter lösen.

Brau­müller und seine Kollegen haben jetzt einen der ersten funk­tionierenden Bausteine für einen Quanten­simulator der Licht-Materie Wechsel­wirkung entwickelt: Dabei repräsen­tieren supra­leitende Schalt­kreise als Quanten­bits die Atome, mithin die Materie, und elektro­magnetische Reso­natoren die Photonen. Die Physiker konnten damit einen Effekt herbeiführen, bei dem sowohl das Quanten­bit als auch der Resonator sich gleich­zeitig in zwei gegen­sätzlichen Zuständen befanden. „Qubit und Resonator sind dabei verschränkt“, sagt Michael Marthaler. „Das ist auch der Grund für die exponen­tiell verbesserte Rechen­leistung, gegenüber klassischen Rechnern.“ Mit der Erfüllung dieses Grundprinzips der Quanten­mechanik habe man nun die Machbar­keit analoger Quanten­simulation mit supra­leitenden Schaltkreisen gezeigt, so die Forscher.

Als nächsten Schritt wollen sie ihr System um viele weitere Bausteine erweitern. „Eine klassische Simu­lation dieses erwei­terten Systems würde länger dauern als das Alter des Universums“, sagt Martin Weides, seit 2015 Gruppen­leiter am Physi­kalischen Institut des KIT. Gelingt die geplante quanten­mechanische Simulation, wäre dies „ein Meilenstein auf dem Weg zum uni­versellen Quanten­computer.“

KIT / JOL

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