Neues Material für flexible Dioden
Alternative zur klassischen Dotierung basiert auf kleinen Temperaturänderungen.
Um eine Diode herzustellen, werden normalerweise zwei Halbleiter-Materialien mit unterschiedlichen Eigenschaften zusammengebracht. Dabei handelt es sich üblicherweise um modifiziertes Silizium, in das unterschiedliche Elemente eingebracht werden, um die gewünschten Eigenschaften zu erzeugen. Durch die Dotierung mit Phosphor, Arsen oder Antimon werden zusätzliche freie Elektronen in das Material eingebracht, es ist n-dotiert. Bor, Aluminium oder Gallium dagegen binden Elektronen aus dem Silizium, wodurch positive Ladungslöcher entstehen. Werden die Materialien zusammengebracht, entsteht eine Diode, die den Strom nur in eine Richtung fließen lässt.
„Wir haben nun ein Material gefunden, bei dem wir durch bloße Temperaturänderung bestimmen können, ob es n-leitend oder p-leitend ist“, sagt Tom Nilges. Die Forschenden konnten zeigen, dass eine Temperaturänderung von wenigen Grad ausreicht, um diesen Effekt zu erzielen – und dass sich mit einem Temperaturgradienten im Material eine funktionierende Diode erzeugen lässt. „Wenn das Material bei Raumtemperatur vorliegt, haben wir einen ganz normalen p-Halbleiter, legen wir einen Temperaturgradienten an, können wir in den erwärmten Bereichen gleichzeitig einen n-Halbleiter generieren“, erklärt Nilges. Wichtig für die Anwendbarkeit: Der Effekt funktioniert im Bereich der Raumtemperatur. „Um eine Diode zu erzeugen, genügt eine lokale Erhöhung der Temperatur um wenige Grad, in unserem Fall von 22 Grad Celsius auf 35 Grad Celsius.“
Den Vorteil des neuen Materials sieht Nilges nicht nur darin, dass keine Dotierung mehr nötig ist: „Jede Diode, die gebaut wird, ist immer vorhanden. Bei unserem Material ist es anders: Mit dem Temperaturgradienten verschwindet auch die Diode. Wird die Diode wieder benötigt, reicht es, einen Temperaturgradienten zu erzeugen. Bedenkt man die Anwendungsbreite von Dioden, zum Beispiel in Solarzellen oder jeder Art von elektronischen Bauteilen, wird das Potential dieser Erfindung deutlich.“
Zwölf Jahre Arbeit stecken in der Suche nach dem perfekten Material, das die Forschenden mit dem Münzmetallchalkogenidhalogenid Ag18Cu3Te11Cl3 nun gefunden haben. Es besteht aus den Elementen Silber, Kupfer, Tellur und Chlor. Die Forschenden waren auf diese Verbindungsklasse gestoßen, als sie sich mit thermoelektrischen Materialien beschäftigten, die aus Wärme Strom generieren. Dabei zeigte ein Material den p-n Schalteffekt. Allerdings war dieser nur im Bereich von einhundert Grad Celsius zu beobachten, was für eine praktische Anwendung ungünstig ist.
Nach vielen Analysen und Versuchen fanden die Forschenden in Ag18Cu3Te11Cl3 ein Material, das sowohl den gewünschten Effekt zeigt, als auch für Anwendungen im normalen Temperaturbereich geeignet ist. „Andere Forschungsgruppen haben diesen Schalteffekt bei verschiedenen Materialien auch entdeckt, aber bisher hat es niemand in eine konkrete Anwendung überführt“, erklärt Nilges. In einem nächsten Schritt wollen die Forschenden auch zeigen, dass sie mit ihrem Material durch Temperaturänderungen Transistoren erzeugen können.
TUM / JOL