31.01.2022

Neues Modell für mikromechanische Sensoren

Winzige Sensoren messen Eigenschaften von Flüssigkeiten oder Gasen präzise.

Mikromechanische Sensoren verbinden zwei verschiedene Welten miteinander: Auf der einen Seite die Welt der Elektronik, auf der anderen Seite die Mechanik. Den Zusammenhang zwischen diesen Gebieten zu beschreiben ist oft nicht einfach, und so fehlte bisher ein umfassendes Modell, mit dem man winzige Platten oder Balken exakt beschreiben kann, die durch elektrische Effekte zum Schwingen gebracht werden. An der TU Wien gelang es nun, ein solches Modell zu entwickeln – in hervor­ragender Über­einstimmung mit Mess­ergebnissen. Das ermöglicht nun winzige Sensoren, mit denen man die Eigenschaften von Flüssig­keiten oder Gasen präzise und einfach messen kann.

Abb.: Illustration der Verknüpfung von Schwingungs­mechanik und...
Abb.: Illustration der Verknüpfung von Schwingungs­mechanik und Fluid­dynamik. (Bild: TU Wien)

Das Schwingungs­verhalten der Mikro­strukturen hängt ganz wesentlich von zwei Faktoren ab: Erstens von ihrer Geometrie und zweitens von ihrer Umgebung: Befindet sich die Mikrostruktur etwa in einer zähen Flüssigkeit, dann wird die Schwingung gedämpft und die Schwingungsfrequenz verändert sich. „Auf diese Weise kann man Veränderungen der Umgebung sehr schnell detektieren“, erklärt Ulrich Schmid. „So könnte man zum Beispiel durch einen mikro­elektro­mechanischen Sensor in einem Ölbehälter überwachen, ob das Öl noch immer die passende Viskosität hat, oder ob es durch Alterung seine Eigen­schaften verändert hat und ausgetauscht werden muss.“

Wenn man allerdings das Schwingungs­verhalten dieser winzigen Strukturen berechnen möchte, stößt man auf eine Reihe von Schwierigkeiten: Zwar gibt es Rechen­modelle, um die Schwingung von kleinen Balken oder Platten zu beschreiben, allerdings muss diese Schwingung rechnerisch mit dem Verhalten der umgebenden Flüssigkeit oder des umgebenden Gases gekoppelt werden – man muss also Schwingungs­mechanik und Fluid­dynamik miteinander verbinden. „Das ist numerisch aufwändig, auch deshalb, weil man es hier mit unter­schiedlichen Größenskalen zu tun hat“, sagt André Gesing. „Der Durchmesser der schwingenden Strukturen liegt im Milli- bis Mikrometer­bereich, die Amplitude der Schwingungen hingegen im Nanometer­bereich. Dieser Unterschied von mehr als drei Größenordnungen ist der Grund, dass herkömmliche Finite-Elemente-Methoden, wie man sie in vielen anderen Forschungs­bereichen für die Analyse von Schwingungen einsetzt, hier schnell an ihre Grenzen kommen.“

Nun ist es André Gesing, Daniel Platz und Ulrich Schmid vom Institut für Sensor- und Aktuator­systeme gelungen, eine Methode zu entwickeln, die all diese Schwierigkeiten meistert, und noch dazu viel umfassender ist als bisherige Modelle: „Damit kann man Mikro­strukturen unterschiedlicher Form und Größe analysieren, mit unterschiedlich starken Dämpfungen“, sagt Daniel Platz. So lässt sich nun auch vorhersagen, welche Strukturen für welchen Anwendungs­fall am vielver­sprechendsten sind. Experimente zeigen: Das neue Rechenmodell stimmt mit den gemessenen Daten ausgezeichnet überein.

Wichtig sind diese Erkenntnisse nicht nur für die Herstellung von Sensoren, sondern auch für die Rasterkraft­mikroskopie: Dort wird die Schwingung extrem feiner Nadeln gemessen um Information über eine Oberfläche zu erhalten, die Punkt für Punkt abgebildet werden soll. Das neue Modell soll nun auch helfen, neue Sensoren für die Rasterkraft­mikroskopie zu entwickeln, insbesondere für die Untersuchung von biologischen Proben in Flüssigkeiten. Ein weiteres Anwendungsfeld ist die voraus­schauende Wartung von hydrau­lischen Komponenten. Mikrosensoren können direkt in solche Komponenten integriert werden und so kontinuierlich Daten zur Ölqualität liefern. Auf diese Weise kann man System­ausfälle frühzeitig verhindern und die wartungs­bedingte Standzeit minimieren.

„Diese grundlegenden Erkennt­nisse, die wir nun gewonnen haben, sind die Basis für die weiteren Ziele, die wir nun verfolgen: Wir wollen nun mikro­mechanische Sensoren verbessern und ihr Anwendungs­potenzial vergrößern“, sagt Platz. Dabei wird es nicht nur um die Interaktion zwischen der Struktur und den umgebenden Fluiden gehen, sondern auch um die Frage, wie man andere Energie­verlustmechanismen auf ein Minimum reduzieren kann. „Auf Basis dieser Untersuchungen wollen wir mikromechanische Sensoren mit sehr hohen Gütefaktoren entwickeln, wie sie zum Beispiel in der Quanten­sensorik verwendet werden“, sagt Platz.

TU Wien / JOL

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