28.01.2013

Neutronensternen unter die Kruste geschaut

Präzise Messungen der Masse von Zink-82 lassen Zusammensetzung der Außenschichten tiefer ausloten.

Mit Durchmessern von rund zwei Dutzend Kilometern gehören Neutronensterne zu den kompaktesten Objekten unseres Universums. Durch die extremen Drücke und Dichten, welche selbst in den äußersten Neutronensternschichten – der „Kruste“ – vorherrschen, entstehen in ihm eine Reihe von schwereren Elementen. Gezeitenkräfte, die etwa bei Kollisionen mit einem weiteren Neutronenstern oder einem schwarzen Loch auftreten, könnten diese Elemente freisetzen und so die Häufigkeitsverteilung der Elemente unseres Universums bereichern.

Abb.: Aufbau eines Neutronensterns (oben links) und ein Tiefenprofil der Isotopenzusammensetzung der äußeren Kruste (rechts). In Fettdruck die Nuklide, dessen Massen bereits experimentell bestimmt wurden. Die Veränderungen im Aufbau der Kruste durch die neue Kernmassenmessung von Zink-82 sind in rot dargestellt. Links unten: Schematische Darstellung der Hauptkomponenten des ISOLTRAP-Päzisionsmassenspektrometers und Resonanzkurve, aus welcher die Masse des Zink-82-Nuklids bestimmt wurde (Bild: R. Wolf, MAU)

Die extremen Bedingungen im Inneren der Neutronensterne lassen sich in irdischen Labors nicht reproduzieren. Daher versucht man, sich mittels theoretischer Modelle einen Zugang zum Aufbau der dichten Neutronenmaterie zu verschaffen. Entscheidende Eingangsgrößen für diese Berechnungen sind die Bindungsenergien neutronenreicher Atomkerne, die direkt mit den Kernmassen zusammenhängen. Präzisionsmassenwerte der entsprechenden exotischen Kerne sind daher Voraussetzung zur Modellierung der Neutronensternkruste.

Bislang war die Zusammensetzung der Neutronensterne (mit typischen Radien von zehn Kilometer und 1,4-fachen Sonnenmassen) bis zu einer Tiefe von etwa 210 Meter bekannt. Dort vermutete man Zink-80, das kurzlebigste Zinkisotop, dessen Atommasse bisher noch experimentell ermittelt werden konnte. Darunter wurde als nächsttieferes Nuklid unter anderem Zink-82 vorausgesagt. Dessen Massenwert beruhte allerdings lediglich auf Abschätzungen, da eine direkte Messung bisher noch nicht möglich war. Einem internationalen Forscherteam ist es nun gelungen, mit dem Penningfallen-Massenspektrometer ISOLTRAP am CERN in Genf diese Messung durchzuführen. Die kurzlebigen Atome mit einer Halbwertszeit von lediglich einer Viertelsekunde wurden an der dortigen ISOLDE-Anlage durch Protonenbeschuss von Uran erzeugt.

Dabei entstand allerdings auch eine Vielzahl weiterer Atome, die nach Ionisation zum ISOLTRAP-Aufbau geleitet wurden. Daher war eine der Hauptschwierigkeiten, die kurzlebigen und in geringsten Mengen produzierten Zink-82-Isotope effizient von isobaren Kontaminationen zu trennen, also von Ionen, deren Kerne die gleiche Gesamtanzahl von Protonen und Neutronen besitzen und damit eine ähnliche Masse haben. Die Entfernung dieser Teilchen war eine entscheidende Voraussetzung für die nachfolgenden Präzisionsmassenmessungen. Zur Isolation der Zink-82-Ionen wurde erstmals ein an der Universität Greifswald entwickelter hochauflösender Flugzeitzeitmassenseparator verwendet, der diese Aufgabe in wenigen hundertstel Sekunden erfüllte. Dies bedeutete eine Zeitersparnis von über einer Größenordnung gegenüber den Methoden, die zuvor zur Verfügung standen. Damit war es möglich, die Masse von Zink-82 mit hoher Genauigkeit zu bestimmen.

Der experimentelle Massenwert von Zink-82 erlaubt es, die Modellvorhersagen zu vergleichen. Dazu wird die Zusammensetzung der Neutronensternkruste jeweils neu berechnet. Die revidierte Bindungsenergie von Zink-82 führt kurioserweise dazu, dass dieses Nuklid in der Kruste gar nicht mehr vorkommt. Stattdessen verschiebt sich die Tiefe von Zink-80 nach unten, nun gefolgt von Nickel-78.

MAU / OD

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