02.05.2014

Nichtlineare Optik an der Kante

Licht macht Kristallorientierung und lokalisierte Elektronenzustände in zweidimensionalen Kristallen sichtbar.

Zweidimensionale Kristalle aus wenigen Atomlagen, die atomare Kanten und Grenzlinien enthalten, eröffnen neue Möglichkeiten für die Elektronik und die Katalyse. Den Verlauf dieser Kanten und Grenzen bestimmte man bisher aufwendig mit Rastertunnel- oder Elektronenmikroskopen. Viel einfacher geht es mit Licht unter Ausnutzung nichtlinearer optischer Effekte, wie Forscher an der University of California in Berkeley zeigen.

Abb.: Langwelliges Licht (rote Pfeile) fällt auf eine Monolage Molybdändisulfid (MoS2) und erzeugt durch einen optisch-nichtlinearen Effekt kurzwelliges Licht (grüne Pfeile), aus dem sich ein Bild der Domänenstruktur der Monolage ergibt. (Bild: D. Neshev & Y. Kivshar, ASSS)

Xiang Zhang und seine Mitarbeiter bestrahlten polykristalline Monolagen aus Molybdändisulfid (MoS2), die sie durch Gasphasenabscheidung auf einer Siliziumoxidoberfläche hergestellt hatten, senkrecht von oben mit linear polarisiertem Licht von etwa 1300 nm Wellenlänge. Das von einer Monolage reflektierte Licht enthielt Strahlung der halben Wellenlänge. Diese zweite Harmonische wurde durch nichtlineare optische Prozesse zweiter Ordnung erzeugt, die in den Kristalldomänen der Monolage auftraten.

Einkristallines MoS2 hat eine hexagonale Struktur und somit eine Inversionssymmetrie, die das Auftreten von nichtlinearen optischen Prozessen zweiter Ordnung ausschließt. Aber die Kanten einer einkristallinen Monolage oder die Korngrenzen einer polykristallinen Monolage brechen diese Inversionssymmetrie. Deshalb können solche Monolagen bei Bestrahlung mit Licht die zweite Harmonische erzeugen. Anhand der reflektierten Strahlung um 650 nm Wellenlänge ließ sich der Verlauf dieser Linien über große Bereiche direkt sichtbar machen.

Die Leistungsfähigkeit ihres Verfahrens demonstrierten Zhang und seine Mitarbeiter an einer polykristallinen MoS2-Monolage, die sie mit linear polarisiertem Licht bestrahlten. Dessen Polarisationsrichtung lag stets in der x-y-Ebene der Monolage, zeigte jedoch bei der ersten Messung in die x-Richtung und bei der zweiten in die y-Richtung. Aus dem reflektierten Licht filterten die Forscher die zweite Harmonische heraus. So ließ sich für jede Polarisation ein Bild der Monolage gewinnen.

Die Intensität der zweiten Harmonischen, die ein einkristalliner Bereich der Monolage erzeugte, hing davon ab, wie die Polarisationsrichtung und die Kristallachsen des Bereichs zueinander orientiert waren. Ein Vergleich der beiden Polarisationsbilder der Monolage zeigte anhand der Helligkeit unterschiedlich orientierte Bereiche. An der Grenze zwischen zwei Bereichen war die Intensität der zweiten Harmonischen aufgrund von Interferenzeffekten stark verringert. So ließ sich für eine polykristalline Monolage schnell ein umfassendes Bild der Domänen, ihrer Orientierung und der Grenzen zwischen ihnen gewinnen.

Abb.: Dreieckige MoS2-Kristalle besitzen an ihren Kanten lokalisierte elektronische Zustände, die durch Bestrahlung mit Licht von 1300 nm Wellenlänge angeregt werden und eine intensive zweite Harmonische erzeugen (B: dunkle Kanten und Ecken). Licht mit anderer Wellenlänge ruft nur die normale zweite Harmonische im Innern der Dreiecke hervor (A). Balkenlänge 20 µm. (Bild: X. Yin et al., ASSS)

Doch das Verfahren kann noch mehr. An den eindimensionalen Kanten eines zweidimensionalen Einkristalls treten lokalisierte elektronische Zustände auf, die bestimmte Anregungsenergien haben. Ist diese Energie etwa so groß wie die Energie der Photonen, die den Einkristall bestrahlt oder die bei der Erzeugung der zweiten Harmonischen entstehen, so tritt eine Resonanz auf. Dadurch verstärkt sich die Intensität der zweiten Harmonischen lokal erheblich.

Die Verstärkung der zweiten Harmonischen durch lokalisierte elektronische Zustände beobachteten die Forscher an einlagigen und monokristallinen MoS2-Dreiecken von etwa 40 µm Seitenlänge, die eine Oberfläche aus Siliziumoxid spärlich bedeckten. Dazu bestrahlten sie die Dreiecke mit Licht, dessen Wellenlänge sie in einem Bereich um 1300 nm variierten. Während sich im Innern der Dreiecke die Intensität der zweiten Harmonischen kaum änderte, war sie bei 1300 nm Wellenlänge an den Kanten und Ecken der Dreiecke besonders groß. Hier lagen offenbar lokalisierte elektronische Zustände vor, deren Anregung einen besonders starken nichtlinearen optischen Effekt hervorrief.

Diese lokalisierten Zustände sind vermutlich entscheidend für die katalytische Wirkung von zweidimensionalen MoS2-Membranen, etwa bei der Spaltung von Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff. Im Lichte der zweiten Harmonischen lassen sich diese Zustände schnell und einfach sichtbar machen, sodass man die Struktur des Katalysators gezielt verbessern kann. Darüber hinaus spielen lokalisierte Zustände eine wichtige Rolle beim Quanten-Hall-Effekt und bei topologischen Isolatoren. Hier könnte das von Zhang und seinen Mitarbeitern entwickelte optisch-nichtlineare Verfahren neue Untersuchungsmöglichkeiten eröffnen.

Rainer Scharf

PH

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