17.01.2008

Nichtlinearer Fano-Effekt

1935 bemerkte der italienische Physiker Ugo Fano asymmetrische Linienprofile in atomaren Anregungsspektren. Eine neue Form dieses Fano-Effekts gestattet nun neue Einblicke in künstliche Atome.



1935 entdeckte der italienische Physiker Ugo Fano asymmetrische Linienprofile in atomaren Anregungsspektren. Eine neue Form dieses Fano-Effekts gestattet nun neue Einblicke in künstliche Atome.

In atomaren Anregungsspektren sind die Peaks normalerweise symmetrisch. Doch 1935 fielen dem italienischen Physiker Ugo Fano asymmetrische Linienprofile in der spektroskopischen Literatur auf. Mit Unterstützung von Enrico Fermi gab er dafür eine erste Erklärung, die er 25 Jahre später ausarbeitete. Demnach zeigt der Übergang vom Grundzustand zu einem diskreten angeregten Zustand ein charakteristisch asymmetrisches Profil, wenn mit der direkten Anregung noch eine Anregung über einen Zwischenzustand interferiert, der in einem Kontinuum von Zuständen liegt. Der Fano-Effekt tritt nicht nur in Atomen auf sondern auch in Festkörpern und in Halbleiterheterostrukturen. Jetzt haben Physiker aus Deutschland und den USA eine neue Form des Fano-Effekts in einzelnen Quantenpunkten beobachtet.

Martin Kroner von der Ludwig-Maximilians-Universität in München und Alexander Govorov von der Ohio University in Athens haben zusammen mit ihren Kollegen winzige Quantenpunkte aus Indiumgalliumarsenid hergestellt, die in unterschiedlichen Halbleiterheterostrukturen eingebettet waren. Im Grundzustand trug solch ein Quantenpunkt ein Elektron. Durch Laserlicht ließ sich der Quantenpunkt wie ein Atom in verschiedene angeregte Zustände bringen. Die Forscher untersuchten die erste Anregungsstufe ihrer künstlichen Atome, einen exzitonischen Übergang, bei dem ein Elektron-Loch-Paar entstand.

Eine der untersuchten Heterostrukturen war so bemessen, dass bei dem exzitonischen Übergang keine weiteren Anregungszustände eine Rolle spielten. Bei Bestrahlung des Quantenpunktes mit sehr schwachem Laserlicht zeigte sich an der Resonanzfrequenz eine scharfe und symmetrische Absorptionslinie mit Lorentz-Profil. Diese Linie verbreiterte sich zwar, wenn die Laserintensität erhöht wurde. Sie blieb aber selbst bei 5000-fach höherer Intensität symmetrisch. Anschließend benutzten die Forscher eine Heterostruktur, die neben dem Quantenpunkt noch einen Quantengraben enthielt. Ein Loch, das durch exzitonische Anregung entstanden und anschließend in den Quantengraben getunnelt war, konnte sich dort frei in einer Ebene bewegen. Ihm stand also ein Kontinuum von Zuständen zur Verfügung.

Einer dieser Kontinuumszustände war mit dem angeregten Zustand des Quantenpunktes entartet. Es gab daher zwei konkurrierende Anregungsmechanismen. Zum einen konnte der Quantenpunkt vom Grundzustand direkt in den diskreten angeregten Zustand übergehen. Zum anderen konnte er vom Grundzustand in den damit entarteten Kontinuumszustand gehen und von da durch quantenmechanisches Tunneln in den diskreten angeregten Zustand gelangen. Es waren somit die Voraussetzungen für den Fano-Effekt erfüllt: zwei Anregungswege, die miteinander interferieren konnten. Da die Interferenz oberhalb der Resonanzfrequenz konstruktiv und unterhalb destruktiv erfolgte, wurde die Übergangswahrscheinlichkeit erhöht bzw. erniedrigt. Das Profil der Anregungslinie musste somit asymmetrisch sein.

Allerdings zeigte sich diese Asymmetrie erst, wenn die Laserleistung hinreichend hoch war. Bei sehr schwacher Lichtintensität war die Linie weiterhin symmetrisch. Die Interferenz der beiden Anregungswege spielte dann offenbar noch keine Rolle. Die Forscher meinen, dass bei schwacher Lichtintensität spontane Emissionsprozesse im Vordergrund stehen und die Interferenz zerstören. Bei hinreichend hoher Lichtintensität sorgten dann nichtlineare Effekte dafür, dass es zur Interferenz der beiden Anregungswege kommt und das Linienprofil asymmetrisch wird. Das ist beim klassischen Fano-Effekt anders, der schon bei extrem geringer Lichtintensität auftritt. Die von Fano entwickelte Theorie beschreibt die Vorgänge sogar besonders gut, wenn die Lichtintensität möglichst gering ist. Die Forscher bezeichnen deshalb den von ihnen entdeckten Effekt als nichtlinearen Fano-Effekt, dessen Theorie sich von der des klassischen Fano-Effekts in wichtigen Details unterscheidet.

Die Entdeckung hat auch ihre praktischen Seiten. Zum einen können die Forscher durch Anlegen einer elektrischen Spannung an die Heterostruktur das Kontinuum von Lochzuständen verschieben und dadurch den nichtlinearen Fano-Effekt an- und abschalten. Noch wichtiger ist, dass man mithilfe des nichtlinearen Fano-Effekts selbst einer extrem schwachen Kopplung des angeregten Quantenpunktes mit seiner Umgebung auf die Schliche kommt. Das gibt den Forschern ein Mittel in die Hand, Quantenpunkte besser von störenden Umwelteinflüssen zu isolieren, um mit ihnen z. B. Quantenbits länger speichern zu können.

Rainer Scharf

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