27.04.2012

Nobel geht die Energie zur Neige?

Der Physik-Nobelpreisträger Robert B. Laughlin malt sich das Ende der fossilen Brennstoffe aus.

Die Worte eines Nobelpreisträgers haben Gewicht. Das Prestige, das mit dieser Auszeichnung verbunden ist, nutzt der Physiker Robert B. Laughlin für eine zweite Karriere als Buchautor. 1998 hatte er zusammen mit Horst Störmer und Daniel Tsui den Physik-Nobelpreis für seine Arbeiten zum fraktionalen Quanten-Hall-Effekt erhalten.

Nach seinem Erstlings-Werk, das den „Abschied von der Weltformel“ verkündete und sich dem Thema „Emergenz“ widmete, und dem langen Essay „Das Verbrechen der Vernunft“, mit dem Laughlin Probleme der Wissensgesellschaft thematisierte, hat er sich mit nun der globalen Herausforderung Energieversorgung angenommen. Für drei Termine kam er nach Deutschland, um „Der letzte Macht das Licht aus“ vorzustellen, die deutsche Übersetzung seines neuesten Buches „Powering the Future“. Diese kurze Vortrags-Tournee führte ihn am 25. April auch ins Deutsch-Amerikanische Institut nach Heidelberg.

Der Physik-Nobelpreisträger Robert B. Laughlin ist mittlerweile auch ein gefragter Buchautor. (Stanford University / L.A. Cicero)

„Ich möchte nicht über Politik reden“, macht Laughlin gleich zu Beginn klar. Ganz sicher wäre es auch von einem Nobelpreisträger zu viel verlangt, gleich die Lösung aller politischen, wirtschaftlichen und naturwissenschaftlichen Probleme zu liefern, die mit dem „Megathema“ Energieversorgung verbunden sind. Laughlins Interesse gilt der Epoche, wenn alle fossilen Brennstoffe der Erde wie Kohle, Gas, Öl und Uran aufgebraucht sind. Sein Ziel sei es nicht, politische Kontroversen zu befeuern, betont er, sondern ein Zukunftszenario vorzustellen, dass dabei hilft, die gegenwärtige Problematik besser zu verstehen.

Für Laughlin scheint angesichts des derzeitigen Energieverbrauchs, der weiter steigen wird, fast unausweichlich, dass spätestens in 200 Jahren alle fossilen Energievorräte erschöpft sind. Andere Energiequellen müssen an deren Stelle treten, um beispielsweise Wohnungen heizen und beleuchten zu können. Aber werden die Menschen dann noch immer Autos fahren, fragt Laughlin? Eine Antwort aus dem Auditorium: „Ja, denn es gibt dann ja noch die Sonnenenergie.“ Laughlins lakonischer Kommentar darauf: „Menschen fahren heutzutage nicht Autos, weil es Benzin gibt, sondern weil sie es wollen.“ Für ihn ist es ein Teil des Problems, die Aspekte von Technik und Ökonomie zu trennen und die Antriebe des Menschen nicht aus den Augen zu verlieren.

Aber können 200 Jahre in der Zukunft Flugzeuge durch Sonnenenergie angetrieben werden? Hier nimmt Laughlin den nüchternen Standpunkt des Physikers ein, und verweist darauf, sich zu überlegen, welch geringe Nutzlast man mit einem Solarflugzeug angesichts von Effizienz der Sonnenenergie und dem erreichbaren Gleitwinkel transportieren kann.

Die alternative Energien wie Wind und Sonne können aus Sicht von Laughlin die fossilen Kraftstoffe nicht ersetzen, nicht zuletzt, weil sie immer noch wesentlich teurer seien. Und so befasst er sich eher mit der Frage, ob es möglich sein könnte, künstlichen Treibstoff herzustellen, etwa durch Verfahren, die aus dem Kohlendioxid in der Natur und Wasser längerkettige Kohlenwasserstoffverbindungen erzeugen. Laughlin kann das bei seinem Vortag in Heidelberg nicht bis ins letzte Detail ausführen. Dies darf man dagegen von seinem Buch erwarten.

In Bezug auf die Kernfusion gibt er sich eher pessimistisch. Aufgrund des Energieverlusts durch schnelle Neutronen hält er die Fusion nicht als mögliche Lösung drohender Energieengpässe. Er ist der Überzeugung, dass sich die Menschheit stets auf die billigste Energiequelle stürzt. Wenn in hundert Jahren das Öl zur Neige gehe, werde es von der Kohle abgelöst, die dann möglicherweise weitere hundert Jahre reiche.

Laughlin, das wird deutlich, möchte zum Nachdenken über das Energieproblem anregen, wobei er auch provokant zugespitzte Thesen nicht verschmäht. Denkverboten möchte er sich nicht unterwerfen. Zwar sei er kein Freund der Kernenergie, aber er hält es für plausibel, dass es selbst längere Zeit nach dem Ausstieg wieder zu einer Renaissance der Kernenergie kommen könnte, wenn etwa die Erdgasvorräte erschöpft seien, und dies der einzige Weg sein sollte, genug und günstige Energie zu erzeugen.

Man darf gespannt sein, ob Laughlins Buch der Energiedebatte neue Impulse gibt, und ob er sein nächstes Buch der Klimaproblematik widmet, denn die kann angesichts des Kampfs um ausreichende Energieversorgung warten. Das ist sicherlich auch als bewusste Provokation anzusehen. In einem Interview gab er zu Protokoll: „Die Probleme der Erde sind viel größer als die Energieprobleme, und auch sehr viel schwerer zu lösen.“

Alexander Pawlak

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