Nobelpreise, ultraschnelle Kameras und billige Solarzellen
Die Optik-, Photonik und Laser-Highlights des Jahres 2014.
Für das weite Forschungsfeld rund um Optik und Photonik war 2014 ein überaus dynamisches Jahr. Von der Mikroskopie über vielversprechende Ansätze zu leistungsfähigeren Solarzellen und Leuchtdioden bis hin zu extrem schnellen Kameras standen nicht nur neue Forschungsergebnisse im Mittelpunkt des Interesses. Mit gleich zwei Auszeichnungen dominierten optische Technologien die Nobelpreis-Vergabe dieses Jahres in Stockholm.
Abb.: Passend zum Thema des Physik-Nobelpreises 2014 leuchtete der Namenszug Alfred Nobels auf der Nobelprize-Website in blauen LEDs. (Bild: J. Jarnestad, R. Sw. Ac. Sci.)
Der deutsche Physiker Stefan Hell vom MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen erhielt zusammen mit den US-Amerikanern Eric Betzig und William E. Moerner den Nobelpreis für Chemie für die Entwicklung hochauflösender Fluoreszenzmikroskopie. Bereits im Jahr 2000 entwickelte Hell die Stimulated-Emission-Depletion-Mikroskopie (STED), eine Methode, die eine Auflösung weit unterhalb des klassischen Beugungslimits und damit prinzipiell die Beobachtung molekularer Prozesse erlaubte. Hell, der ebenfalls dieses Jahr mit dem renommierten Kavli-Preis geehrt wurde, gilt damit als der Wegbereiter der Nanoskopie mit Lichtmikroskopen.
Den Nobelpreis für Physik sicherten 2014 die japanischen Wissenschaftler Isamu Akasaki, Hiroshi Amano und Shuji Nakamura für die Entwicklung der blauen Leuchtdiode. Ihnen gelang es 1992 auf der Basis des Verbindungshalbleiters Galliumnitrid die erste LED mit blauem Licht zu bauen. Erst durch diese wurden über zusätzliche Komponenten auch Weißlicht emittierende LED-Leuchten möglich, die die Basis für die heute exponentiell zunehmende Verbreitung von LED in der Raumbeleuchtung legten. Seitdem steigt die Lichtausbeute immer besserer LED stetig. Weitere Verbesserungen sind zu erwarten wie eine im Februar 2014 präsentierte rote LED aus nur einem Faden eines Polythiopens, entwickelt an der Universität Pierre und Marie Curie in Paris, belegte.
Milliarden und Billionen Bilder pro Sekunde
Ob die Erfindung extrem schneller Hochgeschwindigkeitskameras mit der sogenannten Streak-Technik in Zukunft nobelpreiswürdig sein könnte, lässt sich heute noch nicht absehen. Doch entstanden 2014 wesentliche Verbesserungen dieser Aufnahmetechnologie, bei denen bisher pro Messung nur ein einziger Bildpunkt entstand und viele wiederholende Messungen für ein ganzes Bild nötig waren. So optimierten Lihong Wang und seine Kollegen vom Optical Imaging Laboratory an der Washington University in St. Louis eine Streak-Kamera, die mit nur einem Laserpuls direkt die Bilddaten für eine zweidimensionale Aufnahme lieferte. Kernstück dieser „compressed ultrafast photography“ war ein Modul aus gut einer Million winziger Spiegel mit jeweils nur sieben Mikrometern Kantenlänge. Auf diese Mikrospiegel fiel der Laserpuls, nachdem er vom zu untersuchenden Objekt reflektiert wurde. Dabei entstanden zahlreiche weitere Reflexionen, die die Grundlage für das zweidimensionale Bild legten. Dank dieses Erweiterung konnten Prozesse mit bis zu hundert Milliarden Bildern pro Sekunde gefilmt werden.
Abb.: Blick auf die Hochgeschwindigkeits-Kamera mit einer mittig angeordneten Glasscheibe, von der ein Laser eine dünne Oberflächenschicht verdampfte. (Bild: K. Goda)
Noch schneller war eine Aufnahmetechnik, die Keisuke Goda und Kollegen von der chemischen Fakultät der Universität Tokyo entwickelt hatten. Ihr Prototyp ihrer Hochgeschwindigkeitskamera – kurz STAMP (engl. Sequentially timed all-optical mapping photography) schoss mit Strahlteilern, Spiegeln und Diffraktionsgitter bis zu 4,4 Billionen Bilder pro Sekunde und trägt derzeit den Titel als schnellste Kamera der Welt. Auch mit STAMP ließen sich direkt zweidimensionale Bilder mit einer Auflösung von 450 auf 450 Bildpunkten gewinnen. Diese Fortschritte ebnen den Weg zu einer neuen „Femtofotografie“, die genauere Einblicke in viele schnelle Prozesse in der Materialforschung und biologischer Vorgänge eröffnen könnte.
Die Schnelligkeit optischer Prozesse spielt auch bei der Übertragung digitaler Daten eine zentrale Rolle. An der Hochschule Harz in Wernigerode schaffte es das Team um Ulrich Fischer-Hirchert mit einem Wellenlängenmultiplex-Verfahren, 8,26 Gbit/s in einer optischen Polymerfaser – eine mögliche Alternative zu Glasfasern – zu übertragen und verdoppelten damit den bestehenden Rekord. Noch spannender war ein Ansatz von Howard Milchberg und seine Kollegen von der University of Maryland, die mit ihrem Datenexperiment gänzlich auf Glasfaserkabel verzichteten. Mit Hilfe kurzer Pulse eines Titan-Saphir-Lasers manipulierten sie Luft derart, dass sie Licht wie ein Glasfaserkabel bündelte. Solche Luftwellenleiter könnten Methoden der atmosphärischen Spektroskopie wie etwa LIDAR deutlich verbessern helfen. Als Nischenanwendung wären auch luftige Datenverbindungen in heiße Umgebungen möglich, in denen selbst abgeschirmte Glasfaserkabel zerstört würden.
Perowskit für günstige Solarzellen und Wasserstoff-Fabriken
Effizienz statt Schnelligkeit steht dagegen für neue Solarmodule im Mittelpunkt. In den vergangenen zwölf Monaten stachen vor allem große Fortschritte bei Solarzellen aus Perowskit-Kristallen ins Auge. Dieses Material ist weitaus günstiger als Silizium, lässt sich in Druckverfahren verarbeiten und erreicht bis jetzt schon Wirkungsgrade um die 15 Prozent. An der Huazhong University of Science and Technology in Wuhan schafften es Hongwei Han und Kollegen, die Haltbarkeit dieser Solarzellen deutlich zu verbessern. Der Wirkungsgrad ihres Prototyps stieg nach 1008 Stunden Testbetrieb sogar noch ein wenig an. Eine wichtige Rolle spielte dabei eine zusätzliche Zirkoniumdioxid-Schicht, die effizient die Rekombination von solar erzeugten Elektron-Loch-Paaren verhinderte. Für die schnelle und günstige Fertigung solcher Perowskit-Solarzellen nutzte Doojin Vak vom CSIRO Manufacturing Flagship in Victoria erstmals 3D-Drucker, mit denen beliebige Formen für Solarzellen ohne teure Reinräume möglich werden. Herkömmliche Spin-Coating-Verfahren lassen sich damit ersetzen und die rapide fallenden Kosten für 3D-Drucker könnten sogar eine dezentrale Solarzellenproduktion an beliebigen Orten ermöglichen.
Abb.: Mit dem 3D-Drucker für organische Solarzellen lassen sich schnell und mit hoher Reproduzierbarkeit verschiedenste Konzepte für flexible Solarzellen testen. (Bild: D. Vak et al., CSIRO)
Perowsit-Solarzellen eignen sich sogar für die direkte Erzeugung von Wasserstoff. Zu diesem Zweck hat die Gruppe um Michael Grätzel an der ETH Lausanne nun einen Prototyp entwickelt, der günstige Perowskit-Solarzellen mit katalytisch effizienten Elektroden verknüpft. In ersten Testreihen erreichten die Wissenschaftler bereits einen relativ hohen Wirkungsgrad von 12,3 Prozent. Wichtig für die Effizient dieser kleinen Wasserstoff-Fabrik war ein Katalysator, der sowohl die Produktion von Wasserstoff als auch Sauerstoff effizient unterstützen konnte. Fündig wurden Grätzel und Kollegen mit einer Material-Kombination aus Eisen, Nickel und geschichteten Hydroxiden – kurz NiFe-LDH genannt. Dieser Katalysator zeigte in einer wässrigen, basischen Natriumhydroxid-Lösung eine gute katalytische Wirkung für elektro-chemische Reduktions- und Oxidationsprozesse.
Licht als Traktorstrahl
Über eines der spektakulärsten Photonik-Experimente im Jahr 2014 berichteten Forscher um Wieslaw Krolikowski an der Australian National University in Canberra. Sie schafften es mit einem polariserten Laserstrahl, kleine Glaskugeln mit 25 Mikrometer Durchmesser allein mit Laserlicht über einige Dutzend Zentimeter kontrolliert zu bewegen. Grundlage des Traktorstrahls waren photophoretische Kräfte: Fiel ein kreisförmiger Laserspot auf die mit Gold beschichte Kugeloberfläche, heizte sich die Kugel uneinheitlich auf. Auf der heißeren Seite bewegten sich die aufgeheizten Moleküle der Luft schneller als auf der kühleren. Trafen sie auf die Kugel, übertrugen sie ihren Impuls und die Kugel bewegte sich in Strahlrichtung. Wurde die Polarisation des Laserlichts verändert, ließ sich die Bewegungsrichtung umkehren. Dabei erreichten die Kugeln Geschwindigkeiten von einigen Millimetern pro Sekunde. Diese Traktorstrahl-Methode soll nicht nur in Luft, sondern auch in flüssiger Umgebung funktionieren. Anwendungen sehen die Forscher für kontaktfreie Analysen von Aerosolen oder für Entnahme von Materialproben ohne die Gefahr einer Kontamination.
Abb.: Der radial polarisierte Laserstrahl erwärmt das goldbeschichtete Hohlkügelchen vor allem an der dem Strahl zugewandten Vorderseite, sodass es in Strahlrichtung (grüner Pfeil) beschleunigt wird. Hingegen erwärmt der azimutal polarisierte Strahl in erster Linie die Rückseite des Kügelchens, das sich daraufhin entgegen der Strahlrichtung bewegt. (Bild: V. Shvedov et al. / NPG)
Licht als Kontrollinstrument spielte 2014 zunehmend auch bei chemischen Reaktionen und in der Medizin eine Rolle. So konnten Forscher an der TU Wien mit Laserpulsen im Femtosekunden-Bereich eine chemische Reaktion gezielt auslösen und steuern. Ein erster Puls versetzte Moleküle in eine schnelle Rotation. Ein zweiter Puls kurz danach änderte die Anordnung äußerer Elektronen derart, dass beispielsweise Acetylen an einer gewünschtern Stelle zerbrochen werden konnte, um reine Kohlenstoff-Ionen oder Methylen-Gruppen zu erhalten. Ein Ziel dieser Chemie mit Femtosekundenlasern ist die Ausbeute-Optimierung von chemischen Prozessen. Optogenetik nennt sich dagegen ein neues Verfahren, bei dem mit Laserpulsen lebende Zellen beeinflusst werden können. Biophysiker der Berliner Humboldt-Uni deaktivierten über Laserpulse, die auf Ionenkanäle im Lebenden Organismus wirkten, einzelne Nervenzellen. Durch den Einfluss der Laserpulse könnten in Zukunft Therapien für Schizophrenie, Depressionen, Epilepsie oder Drogenabhängigkeit besser untersucht werden.
2015 – Jahr des Lichts
Die zahlreichen Fortschritte im vergangenen Jahr zeigen, dass optische und photonische Methoden zu immer neuen Anwendungen in Material- und Grundlagenforschung, Energietechnik, Chemie und Medizin führen. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass 2015 dieses wachsende Forschungsfeld weiter an Attraktivität gewinnen wird. Viel Aufmerksamkeit ist den optischen Technologien auf alle Fälle sich, da 2015 unter der Schirmherrschaft der Unesco zum „Internationalen Jahr des Lichts und der lichtbasierten Technologien“ erklärt wurde. Die vielen Beiträge zum „Jahr des Lichts“ in Deutschland werden von der DPG koordiniert.
Jan Oliver Löfken
Weitere Infos
OD