13.10.2005

Nützliches Nanorauschen

Mit ein wenig Rauschen lassen sich Signale leichter auf schwingende Nanobalken übertragen.


Nützliches Nanorauschen

Mit ein wenig Rauschen lassen sich Signale leichter auf schwingende Nanobalken übertragen.

Rauschen stört normalerweise die Signalübertragung. Bei schlechtem Radioempfang oder einer verrauschten Telefonleitung bekommt man das zu spüren. Doch in der richtigen Dosierung kann das Rauschen die Signalübertragung durchaus verbessern. Das Rauschen hebt gewissermaßen die Intensität von Signalen, die allein zu schwach für eine Übertragung sind, soweit an, dass sie dennoch übertragen werden. Dieses Phänomen nennt man stochastische Resonanz: Zufällige Schwankungen können schwache Signale verstärkten, indem sie mit einem nichtlinearen System in Resonanz treten und ihm helfen, einen zunächst unüberwindlichen Schwellenwert zu überwinden und in einen neuen Zustand zu gelangen.

Das Konzept der stochastischen Resonanz hatte man ursprünglich entwickelt, um das periodische Auftreten von Eiszeiten auf die sehr geringen Änderungen der Exzentrizität der Erdbahn um die Sonne zurückzuführen. Während diese Frage noch nicht abschließend geklärt ist, hat man die stochastische Resonanz bei zahlreichen physikalischen Experimenten beobachten können, z. B. mit Ringlasern und supraleitenden SQUIDs, aber auch bei biologischen Experimenten zur Signalverarbeitung, z. B. von Grillen und Krebsen. Jetzt ist die stochastische Resonanz erstmals im Bereich der Nanophysik nachgewiesen worden.

Robert Badzey und Pritiraj Mohanty von der Boston University in Massachusetts haben einen Nanooszillator aus Silizium hergestellt, bestehend aus einem rund 7 µm langen und 200 nm dicken Balken aus kristallinem Silizium, der an beiden Enden fixiert wurde. Der Balken wurde auf 300 Millikelvin abgekühlt und in ein Mikrowellenfeld von etwa 22 MHz gebracht, das ihn in transversale Schwingungen versetzte. Für nicht zu große Auslenkungen des Balkens waren seine Schwingungen harmonisch. Doch in einem hinreichend starken Mikrowellenfeld begann der Balken anharmonisch zu schwingen. Dann konnte er für einen bestimmten Bereich der Anregungsfrequenz zwei verschiedene Schwingungszustände annehmen.

Als Nanooszillatoren fungieren rund 7 µm lange und 200 nm dicke Balken aus kristallinem Silizium, die jeweils an beiden Enden fixiert sind. (Quelle: Nature/Badzey) 

Der Dynamik des bistabilen Nanooszillators lag ein Doppelmuldenpotential zugrunde, bei dem die beiden Minima den beiden Schwingungszuständen entsprachen. Zwischen den Potentialminima befand sich eine Barriere, die man mithilfe eines hinreichend starken periodischen Signals überwinden konnte, das dem Mikrowellenfeld aufmoduliert wurde. Mit diesem Signal ließ sich also zwischen den beiden Schwingungszuständen des Oszillators hin- und herschalten. War das periodische Signal nicht stark genug, so konnte es den Oszillator zunächst nicht aus seinem jeweiligen Schwingungszustand herausbringen.

Um dies dennoch zu erreichen, fügten die Forscher dem Mikrowellenfeld zusätzlich noch weißes Rauschen bei, dessen Intensität sie langsam erhöhten. Das zunächst schwache Rauschen führte dazu, dass das periodische Signal den Oszillator ab und zu von einem Schwingungszustand in den anderen und wieder zurück bringen konnte. Hatte das Rauschen die richtige Stärke, so kam es zur stochastischen Resonanz: Der Oszillator wechselte seinen Schwingungszustand im Takt des periodischen Signals, d. h. alle 20 Sekunden. Ein zu starkes Rauschen führte hingegen dazu, dass der Oszillator das periodische Signal völlig ignorierte. Überraschenderweise wechselte er dann nicht zufällig seinen Schwingungszustand sondern blieb in einem Schwingungszustand hängen.

Stochastische Resonanz lag dann vor, wenn die mittlere Frequenz, mit der das Rauschen den Oszillator über die Potentialmulde und wieder zurück springen ließ, mit der Frequenz des periodischen Signals übereinstimmte. Dann verstärkten sich beide treibenden Kräfte und stimmten sich miteinander ab. In einem weiteren Experiment setzten die Forscher den Oszillator nicht künstlichem Rauschen aus, sondern benutzten thermisches Rauschen. Sie erhöhten die Temperatur des Oszillators schrittweise von 1,5 K auf 3,5 K. Auch in diesem Fall konnten sie für die richtige Stärke des (thermischen) Rauschens stochastische Resonanz beobachten. Bei einer Temperatur von 2,5 K folgte der Oszillator dem periodischen Signal und wechselte zwischen den beiden Schwingungszuständen (allerdings etwas unregelmäßig), während er bei niedrigeren oder höheren Temperaturen wieder in einem der beiden Schwingungszustände hängen blieb.

Die Experimente von Badzey und Mohanty zeigen, dass die stochastische Resonanz auch im Nanometerbereich ein wirkungsvolles Mittel ist, um Signale zu verstärken und zu übertragen. Zudem könnten die Nanobalken dazu benutzt werden, um mit ihren beiden Schwingungszuständen jeweils eine Informationsmenge von einem Bit zu speichern. Darüber hinaus haben die Bostoner Forscher auch schon quantenmechanisches Verhalten mit ihren Nanobalken untersucht. Hier eröffnen sich für die stochastische Resonanz auch Möglichkeiten im Bereich der Quanteninformationsverarbeitung.

Rainer Scharf

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