05.07.2024

Nullfeld-NMR vermisst erstmals Quadrupol-Spins

Neue Methode öffnet Weg zur Präzisions-Chemie.

Wie sieht die Struktur eines bestimmten Moleküls aus? Wie wechselwirken Moleküle miteinander? Um solche Fragen zu beantworten, kommt vielfach die Magnetresonanz­spektroskopie zum Einsatz. Mit einem starken äußeren Magnetfeld werden die Spins der Atomkerne ausgerichtet und über ein oszillierendes schwaches Magnetfeld zum Rotieren gebracht. Als Resultat ändert sich die Spannung, die sich in eine Frequenz umrechnen lässt. Diese Frequenz lässt auf die Art der Moleküle schließen, zudem verrät sie etwas über die Wechselwirkung der Kernspins. Allerdings sind für diese Unter­suchungen hohe Magnetfelder nötig, die sehr große, schwer zu installierende Geräte benötigen. Auch ist es schwierig, Kerne mit einem Quadrupol-Spin zu vermessen. Diese liegen jedoch bei den meisten magnetischen Atomkernen vor.

Abb.: Mit einer Flüssigkeit gefüllte NMR-Röhrchen.
Abb.: Mit einer Flüssigkeit gefüllte NMR-Röhrchen.
Quelle: O. Tretiak

Die Nullfeld-Magnetresonanz­spektroskopie, kurz Nullfeld-NMR, dagegen kommt ohne das starke äußere Magnetfeld aus – die Kopplungen zwischen den Kernspins magnetisch aktiver Kerne sind die dominante Wechselwirkung. Die Linien des Spektrums sind somit schmaler und schärfer, auch lassen sich Proben in Gefäßen aus Metall oder anderen Materialien untersuchen. Interessant ist die Nullfeld-Magnetresonanz­spektroskopie unter anderem in der metallurgischen Forschung, in der Pflanzen­forschung und der Medizin. Um die minimalen Kopplungen messen zu können, muss allerdings das Erdmagnet­feld abgeschirmt werden.

Forschenden der Johannes Gutenberg-Univer­sität Mainz (JGU) und des Helmholtz-Instituts Mainz (HIM) ist es gemeinsam mit der University of California, Berkeley nun erstmalig gelungen, mit der Nullfeld-NMR einen Quadrupol-Kern zu vermessen. „Genauer gesagt haben wir ein Ammonium-Molekül, also NH4, analysiert, da dieses für verschiedene Anwendungen sehr wichtig ist“, sagt Danila Barskiy von der JGU. „Wir hoffen, diese Moleküle künftig selbst in komplexen Umgebungen wie Reaktoren und Metall­behältern nachweisen zu können.“ Anhand von Ammonium entwickelten die Forschenden ein einfaches System: Ammonium-Salz mit Wasser mischen, verschiedene Mengen Deuterium zugeben – und schon können die einzelnen Spektren aufgenommen und analysiert werden. 

Eine weitere interessante Frage, die die Forschenden untersuchten: Wie beeinflusst die Zahl der Deuterium-Atome in einem Ammonium-Molekül das Spektrum und die Relaxation­seigenschaften der Spins? „Unsere Methode ermöglicht es, die Resonanz­frequenzen mit höchster Präzision zu bestimmen. Indem diese mit experimentellen Daten verglichen werden, kann die Methode daher als Benchmark für quanten­chemische Berechnungen verwendet werden. Wir hoffen gespannt darauf, dass unsere Arbeit in naher Zukunft zur Standardpraxis wird“, erklärt Román Picazo-Frutos, Student am Institut für Physik. 

Zwar sagen die derzeitigen Theorien die Ergebnisse des Teams bereits recht gut vorher, dennoch gibt es kleine Abweichungen. „Diese Arbeit erweitert den Bereich der Moleküle, die mit Nullfeld- bis Ultra­niedrigfeld-NMR-Techniken analysiert werden können, erheblich und könnte zur Entwicklung neuartiger Anwendungen führen, beispiels­weise zur Analyse kleiner Atomkern­zahlen über ihren radioaktiven Gammazerfall. Es bleibt noch viel zu tun!“, sagt der Mainzer Forscher Dmitry Budker.

JGU Mainz / JOL

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